Experten-Tipps: Arbeitsrecht und entsprechende Kündigungsfristen

Experten-Tipps: Arbeitsrecht und entsprechende Kündigungsfristen copyright: Rainer Sturm / pixelio,de
Experten-Tipps: Arbeitsrecht und entsprechende Kündigungsfristen
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Die Urlaubszeit neigt sich ihrem Ende zu. Bei den meisten bedeutet das, dass die Arbeit wieder ruft. Oder nicht? Haben Sie eine ordentliche Kündigung erhalten? Oder selbst fristgemäß gekündigt, zum Beispiel um Ihre Karrierechancen zu verbessern? Dann ist es unbedingt erforderlich, die für Sie geltende Kündigungsfrist zu kennen! Denn bis zu deren Ablauf besteht das Arbeitsverhältnis fort. Sie müssen weiterhin Ihre Arbeit erledigen – und beziehen dafür die volle Vergütung. Die Experten von ARAG erklären hier bei CityNEWS, woraus sich die Kündigungsfristen ergeben, wann diese zu laufen beginnem und was Sie beachten sollten.

Inhaltsverzeichnis

Kündigung – und dann?

Der Verlust des Arbeitsplatzes ist oft eine emotionale Extremsituation. Kein Wunder, dass es vielen Arbeitnehmern schwerfällt, nach einer ordentlichen Kündigung weiter zur Arbeit zu kommen. Auch wer selbst fristgemäß kündigt, hat dazu häufig keine Lust mehr: Er ist in Gedanken bereits beim neuen Job. Doch das Arbeitsrecht ist hier eindeutig: Grundsätzlich ist bei jeder ordentlichen Kündigung die Kündigungsfrist zu wahren. Was das für Sie bedeutet?

Ganz einfach: Selbst nach Aussprache der fristgemäßen Kündigung dauert das Beschäftigungsverhältnis erst einmal fort. So sind Sie als ausscheidender Arbeitnehmer verpflichtet, bis zum Ablauf der Kündigungsfrist weiter für Ihren Arbeitgeber tätig zu sein (außer bei Freistellung). Natürlich haben Sie dafür Anspruch auf die im Arbeitsvertrag vereinbarte Entlohnung. Davon profitieren beide Seiten. Der gekündigte Arbeitnehmer steht nicht unvermittelt auf der Straße, sondern kann sich aus zunächst finanziell abgesicherter Position heraus einen neuen Job suchen. Und der Arbeitgeber gewinnt seinerseits an Planbarkeit. Denn bei Fortgang eines Mitarbeiters hat er Zeit, die freigewordene Stelle mit einem geeigneten Kandidaten wieder zu besetzen.

Woraus resultieren die Kündigungsfristen?

Bei der Kündigungsfrist handelt es sich um die Zeitspanne, die zwischen Zugang der ordentlichen Kündigung und dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses liegt. Sie kann sich aus einem Gesetz, Tarifvertrag oder dem Arbeitsvertrag ergeben.

  • Der einfachste Fall: Es existieren weder ein Tarifvertrag, der auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden wäre, noch spezielle Regelungen im Arbeitsvertrag. Dann gilt die gesetzliche Kündigungsfrist.
  • Die anderen Fälle: Wenn es einen entsprechenden Tarifvertrag gibt, aber im Arbeitsvertrag eine andere Frist festgesetzt wurde oder die Kündigungsfrist aus Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag von der gesetzlich geforderten abweicht. In diesen Fällen muss die geltende Kündigungsfrist individuell festgestellt werden.

Im Kündigungsschreiben muss die Kündigungsfrist laut den ARAG-Experten nicht erwähnt sein. Es genügt zu erklären, dass man das bestehende Arbeitsverhältnis fristgemäß kündigen möchte. Wird kein Datum zur Beendigung angegeben, ist dieses anhand der geltenden Frist zu errechnen.

Praxis-Tipp: Setzen Sie auf juristische Unterstützung

Kündigung erhalten? So kann man sich wehren! copyright: pixabay.com
Kündigung erhalten? So kann man sich wehren!
copyright: pixabay.com

Häufig ist bei einer ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht zweifelsfrei klar, welche Kündigungsfrist tatsächlich einzuhalten ist. Zudem wird manchmal außer Acht gelassen, dass die aufgrund eines Tarifvertrags geltende oder im Arbeitsvertrag genannte Frist länger ist als die vom Gesetz vorgeschriebene.

Die Folge: Entlohnungsansprüche werden erst spät oder sogar gar nicht erhoben. Sie sind sich unsicher, was die für Sie anzuwendende Kündigungsfrist betrifft?

Tipp der ARAG-Experten: Lassen Sie sich von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten, damit Sie am Ende nicht unwissentlich auf Geld verzichten, das Ihnen rechtlich zusteht.

Kündigungsfristen

Oftmals findet in Sachen Kündigungsfrist die Regelung aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) Anwendung. Gemäß § 622 gilt für Kündigungen durch den Arbeitnehmer eine Kündigungsfrist von vier Wochen (zum Monatsende oder 15. eines Monats). Anders sieht es aus, wenn der Arbeitgeber kündigt. Dann verlängert sich die Kündigungsfrist mit der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers:

  • von bis zu zwei Jahren = vier Wochen (zum Monatsende oder 15. eines Monats)
  • ab zwei Jahren = ein Monat (zum Monatsende) 
  • fünf Jahren = zwei Monate (zum Monatsende) 
  • acht Jahren = drei Monate (zum Monatsende) 
  • zehn Jahren = vier Monate (zum Monatsende) 
  • 12 Jahren = fünf Monate (zum Monatsende) 
  • 15 Jahren = sechs Monate (zum Monatsende) 
  • ab 20 Jahren = sieben Monate (zum Monatsende)

Entscheidend ist, wie lange das Arbeitsverhältnis bestanden hat, wenn die Kündigung zugegangen ist. Die Zeit vom Zugang der Kündigung bis zum vorgesehenen Endtermin wird also nicht berücksichtigt. Wichtig zu wissen: Die Beschäftigungsdauer wird unabhängig vom Lebensalter für alle Arbeitnehmer gleich berechnet. Die Regelung in § 622 Abs. 2 S. 2 BGB, nach der Zeiten vor dem 25. Geburtstag unberücksichtigt bleiben, wurde vom Bundesarbeitsgericht (BAG) für unanwendbar erklärt (Az. 2 AZR 714/08). Begründung: Sie stelle eine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters dar.

Weitere gesetzliche Kündigungsfristen

Neben dem BGB sind Regelungen zu Kündigungsfristen in unterschiedlichen Gesetzen enthalten, zum Beispiel:

  • Heimarbeitsgesetz (HAG)
  • Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG) 
  • Seearbeitsgesetz (SeeArbG) 
  • Schwerbehindertenrecht nach dem Sozialgesetzbuch (SGB), neuntes Buch (IX): Arbeitnehmer mit schwerer Behinderung sind durch einen Kündigungsschutz von mindestens vier Wochen geschützt.

Kündigungsfrist bei Insolvenz

Ihr Arbeitgeber ist zahlungsunfähig? Bei Insolvenz beträgt die Kündigungsfrist gemäß Insolvenzverordnung (InsO) drei Monate zum Monatsende. Jedenfalls dann, wenn keine andere kürzere Frist gültig ist. Der Insolvenzverwalter hat Ihnen gekündigt? In diesem Fall haben Sie die Möglichkeit, als Insolvenzgläubiger Schadensersatz zu verlangen – aufgrund der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Tarifliche Kündigungsfristen

Besteht bei Ihrem Arbeitgeber eine Tarifbindung, kann die Kündigungsfrist des entsprechenden Tarifvertrags gelten. Dessen Geltung kann im Arbeitsvertrag aber auch dann festgelegt werden, wenn Sie und Ihr Arbeitgeber nicht tarifgebunden sind. Es ist sogar möglich, dass ein Tarifvertrag Anwendung findet, obwohl weder eine tarifliche Bindung besteht, noch seine Geltung im Arbeitsvertrag vereinbart wurde. Zum Beispiel, weil der Arbeitgeber einen Tarifvertrag als Richtschnur für den Umgang mit der Belegschaft versteht. Sie sind als Dachdecker, Gebäudereiniger oder Briefzusteller tätig? Bringen Ihre Fähigkeiten im Baubereich oder Elektrohandwerk ein? Dann sollten Sie wissen, dass ein Tarifvertrag auch durch das Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) für Sie gültig werden kann.

Kündigungsfristen im Arbeitsvertrag

Sie befürchten, dass Ihr Chef die Kündigungsfrist einfach nach Belieben festgesetzt hat? Keine Sorge! Die Gesetzgebung schützt Ihre Interessen als Arbeitnehmer besonders. Auch deshalb, weil Angestellte von ihrem Arbeitgeber meist wirtschaftlich abhängig sind. So muss die im Arbeitsvertrag genannte Kündigungsfrist mindestens so lang sein wie die vom Gesetz geforderte. Oder die des Tarifvertrags, falls dieser anwendbar sein sollte.

Abweichungen von den gesetzlichen Regelungen lassen sich ausschließlich in Form einer Verlängerung der Kündigungsfrist vereinbaren. Es sei denn, Sie sind in einem Betrieb mit weniger als 20 Arbeitnehmern oder als Aushilfe kürzer als drei Monate tätig. Häufig wird im Arbeitsvertrag festgelegt, dass die verlängerte Frist für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen gilt. Wichtig zu wissen: Für den Arbeitnehmer darf keine längere Kündigungsfrist vereinbart werden als für den Arbeitgeber.

Beginn der Kündigungsfrist

Ist die ordentliche Kündigung zugegangen, beginnt die Kündigungsfrist bereits am darauffolgenden Tag zu laufen. Maßgeblich ist also nicht das auf dem Kündigungsschreiben ausgewiesene Datum, sondern der Tag des Zugangs der Kündigung. Übrigens spielt es keine Rolle, wenn der letzte Tag der Kündigungsfrist auf einen Wochenendtag oder Feiertag fällt: Das verlängert die Kündigungsfrist laut ARAG Experten nicht.

Freistellung während der Kündigungsfrist

Ihr Arbeitsplatz ist möglicherweise der letzte Ort, wo Sie nach einer ordentlichen Kündigung sein wollen. Dennoch müssen Sie bis zum Ablauf der Kündigungsfrist weiterhin zur Arbeit erscheinen. Es gibt jedoch eine Ausnahme: Werden Sie vom Arbeitgeber freigestellt, entbindet er Sie von der Pflicht, Ihre Arbeitskraft bereitstellen zu müssen. Das bedeutet, Sie dürfen zuhause bleiben oder verreisen. Und beziehen trotzdem die volle im Arbeitsvertrag vereinbarte Vergütung.

Oft erfolgt die Freistellung unter Anrechnung von Resturlaub und Überstunden. Das kann für Sie als Arbeitnehmer von Nachteil sein. Denn werden solche bestehenden Ansprüche nicht angerechnet, muss Ihr Arbeitgeber diese nach Ende des Arbeitsverhältnisses in der Regel auszahlen. Je nach Arbeitsvertrag ist eine vom Arbeitgeber verlangte Freistellung, mit der zugleich die Ansprüche an Urlaub und Überstundenausgleich abgegolten sein sollen, rechtlich unzulässig. Lassen Sie sich gegebenenfalls von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten, ob eine Klage vor dem Arbeitsgericht in Ihrem Fall die Chance auf Erfolg hat.

Ausnahmen

Sie sind in einem kleineren Unternehmen oder als Aushilfe tätig? In diesem Fall sind hinsichtlich der Kündigungsfrist abweichende Vereinbarungen zulässig – natürlich innerhalb bestimmter Grenzen. Ist das Beschäftigungsverhältnis befristet, unterliegt es nach § 15 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) in der Regel nicht der ordentlichen Kündigung. Die meisten Arbeitsverträge sehen eine Probezeit von bis zu sechs Monaten vor. Während dieser Zeitspanne kann die Kündigungsfrist, die sich aus Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Gesetzen ergibt, auch kürzer sein. Anders als bei einer Kündigung außerhalb der Probezeit ist sie bei arbeitgeberseitiger Kündigung genauso lang wie bei Kündigung durch den Arbeitnehmer.