Im deutschen Bildungssystem haben Mädchen und Frauen in den letzten Jahrzehnten viel erreicht. Sie haben die besseren Schulabschlüsse und sind für das Berufsleben mindestens so gut qualifiziert wie Männer. Nur am Arbeitsmarkt scheint sich die Gleichstellung nicht oder nur sehr langsam durchzusetzen.
Auch wenn Frauen vom konjunkturellen Aufschwung und der anziehenden Arbeitskräftenachfrage der letzten Monate ähnlich stark wie Männer partizipieren konnten, bleiben doch qualitative Unterschiede. Frauen arbeiten deutlich öfter in Teilzeit, seltener in Führungspositionen und mit geringeren Löhnen als Männer. Frauen sind häufiger langzeitarbeitslos und tragen damit im Geschlechtervergleich das höhere Verbleibsrisiko in Arbeitslosigkeit. Fast 70 Prozent aller arbeitslosen Frauen sind in der Grundsicherung.
Frauen bilden eine gut qualifizierte Reserve für den Arbeitsmarkt
“Eine Reservebank können wir uns am Arbeitsmarkt aber nicht leisten. Fachkräfte werden bereits heute händeringend gesucht, offene Stellen können nicht besetzt werden – auch in klassischen Frauenberufen, wie zum Beispiel im Gesundheitswesen”, so Heinrich Alt, Vorstand Grundsicherung der Bundesagentur für Arbeit. Dass sich die Situation für Frauen bessern wird, ist aber fast sicher. “Frauen haben einen starken Verbündeten, den demografischen Wandel. Wir werden älter und weniger. Die Arbeit bleibt, aber die Arbeitskräfte gehen aus. Umso dringender müssen wir den Blick auf diejenigen richten, die bisher zum Teil am Rande des Arbeitsmarktes standen”, appelliert Alt.
Gerade Alleinerziehende haben es schwer
Das sind zum Beispiel gut qualifizierte und motivierte Frauen, die gerne arbeiten würden, aber denen wegen familiärer Rahmenbedingungen der Zugang in die Arbeitsgesellschaft bislang nicht möglich war. “Deutschland macht es Alleinerziehenden bislang leider nicht einfach zu arbeiten. Zumindest nicht in Vollzeit. Die Betreuungsangebote wurden und werden zwar ausgebaut, entsprechen in ihrer Gestaltung aber nicht dem Stand des 21. Jahrhunderts. Hier muss deutlich mehr getan werden, sonst wird sich an der Situation arbeitsuchender junger Mütter nichts ändern”, meint Alt.
Über 60 Prozent der arbeitslosen Frauen kommen aus dem Einzelhandel, aus Gesundheits- und Pflegeberufen oder aus dem Hotel- und Gaststättengewerbe. Berufe mit Arbeitszeiten, die klassische Kinderbetreuungszeiten nicht abdecken.
Zeichen der Zeit erkennen
Neben den Kinderbetreuungsangeboten sind in der Wirtschaft aber auch kluge Modelle und Ideen gefragt, um Beruf und Familie zu verbinden. Langfristig denkende Personalverantwortliche haben längst die Zeichen der Zeit erkannt und investieren in familienfreundliche und familienbewusste Arbeitsbedingungen, bieten verstärkt Teilzeitausbildungen an oder richten Betriebskindergärten ein. “Gespräche mit jungen Frauen zeigen mir aber auch, dass immer noch zu viele Vorurteile da sind, wenn sich Vorstellungsgespräche zu 90 Prozent nur um das Kind drehen. Der Wandel in den Köpfen hat eingesetzt, muss sich aber fortsetzen.”
Zahlen, Daten, Fakten
Die (sozialversicherungspflichtige) Beschäftigungsquote der Frauen war im Juni 2011 mit 48,7 Prozent deutlich kleiner als die der Männer mit 56,0 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr hat sie sowohl bei den Frauen um 1,1 Prozentpunkte als auch bei den Männern um 1,4 Prozentpunkte zugenommen.
Die Zahl der ausschließlich geringfügig entlohnten Beschäftigung hat im Vorjahresvergleich bei Frauen um 1,0 Prozent abgenommen, wohingegen es bei Männern einen Zuwachs von 0,7 Prozent gab. Im Juni 2011 waren 3,2 Millionen Frauen und 1,7 Millionen Männer ausschließlich geringfügig beschäftigt.
Im Februar 2012 waren 1.389.000 Frauen und 1.720.000 Männer arbeitslos gemeldet. Im Vergleich zum Vorjahr hat die Arbeitslosigkeit bei den Männern um 115.000 oder 6,3 Prozent und bei den Frauen um 87.000 oder 5,9 Prozent abgenommen.
Arbeitslose Frauen und Männer werden überwiegend im Rechtskreis SGB II betreut. Dabei liegt der Anteil der Frauen, die im Rechtskreis SGB II registriert sind, bei 69 Prozent und der der Männer bei 66 Prozent.
Im Jahresdurchschnitt 2010 bezogen von allen Alleinerziehenden im erwerbsfähigen Alter mit minderjährigen Kindern 40,7 Prozent Leistungen aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende, im Vergleich zu 8,4 Prozent bei Paaren mit Kindern. Die Hilfequote bei Alleinerziehenden variiert stark mit der Zahl der minderjährigen Kinder. Sie betrug bei einem minderjährigen Kind 36,6 Prozent, bei zwei und mehr minderjährigen Kindern 49,7 Prozent.
Autor: Redaktion/ Bundesagentur für Arbeit