Aufstieg im Berufsleben nicht um jeden Preis, denn die Work-Life-Balance wird für viele Arbeitnehmer immer wichtiger. Viele deutsche Unternehmen leiden bereits unter einem gravierenden Fachkräftemangel, diese Tendenz wird sich angesichts der demografischen Entwicklung weiter verstärken. Die Folge: Um qualifizierte Bewerber wird umso heftiger gebuhlt.
“Die Ansprüche angehender Führungskräfte an ihren potenziellen Arbeitgeber beziehungsweise an ihre künftige Aufgabe haben sich drastisch gewandelt”, erklärt Jürgen Müller vom Wirtschafts-Nachrichten-Portal wirtschaft.com. Die jungen Leute würden dem beruflichen Aufstieg nicht mehr alles unterordnen, sondern das Thema Work-Life-Balance sehr ernst nehmen – und es ihren Arbeitgebern gegenüber auch selbstbewusst einfordern. Auf wirtschaft.com gibt es zu diesen und vielen anderen aktuellen Themen rund um Job und Karriere informative Beiträge.
Geld ist nicht alles …
Studien haben ergeben, dass für heutige Hochschulabsolventen ein hohes Einstiegsgehalt nicht mehr die höchste Priorität hat. “Flexible Arbeitszeiten, die Unternehmenskultur, die Frauenförderung – all das wird heute von Hochschulabsolventen kritisch hinterfragt”, erläutert Jürgen Müller. Angehende Wirtschaftswissenschaftler beurteilten beispielsweise 2012 in einer Studie des Berliner Beratungsunternehmens “Trendence” zu 90 Prozent eine Work-Life-Balance als “wichtig” oder “sehr wichtig” – zehn Jahre zuvor waren es noch weniger als 62 Prozent gewesen.
Ganz andere Sorgen in Bezug auf die Work-Life-Balance haben viele Frauen und vor allem Mütter in Europa. In puncto Berufschancen haben sie noch längst nicht mit den Männern gleichgezogen. Auch in Deutschland wird ein Großteil der Mütter nach der Elternzeit nur über Teilzeitjobs wieder in den Arbeitsmarkt integriert – mit den bekannten Gefahren für Karrierechancen und die Rente. Das ergab eine aktuelle Studie aus dem “Institut Arbeit und Qualifikation” (IAQ) der Universität Duisburg-Essen. Dabei wurden die Arbeitszeiten und die Work-Life-Balance der Europäer in verschiedenen Lebensphasen untersucht.
Arbeitszeiten driften früh auseinander
Überraschenderweise driften die Arbeitszeiten von Männern und Frauen der Studie zufolge bereits in dem Moment auseinander, wenn Paare zusammenziehen – selbst wenn sie noch keine Kinder haben. Ist dann Nachwuchs da, arbeiten Frauen in Deutschland wöchentlich zwischen zwölf und 13 Stunden kürzer als Männer mit Kindern. Deren Arbeitszeiten erhöhen sich im gleichen Zeitraum leicht um etwa 1,5 Stunden. “Frauen holen die einmal reduzierte Arbeitszeit meist nicht mehr auf”, erläutert Jürgen Müller. Zwar arbeiten sie dann, wenn die Kinder aus dem Haus sind, wieder länger, bleiben aber deutlich unter dem Anfangsniveau. “Von Vollzeit zur Teilzeitarbeit zu wechseln, ist leichter, als wieder aufzustocken”, so Müller.
Diese und andere Studien, betont Jürgen Müller, würden zeigen, dass in Sachen ausgewogenes Verhältnis von Beruf und Privatleben einiges im Argen liege: “Viele Männer würden gerne weniger arbeiten, viele Frauen mehr. Unsere Arbeitszeiten sind oftmals nicht mehr zeitgemäß, mehr Flexibilität und das Eingehen auf die Wünsche der Beschäftigten sollte das Motto der Stunde sein.”