Mit rund 70 Veranstaltungen, 40 Veranstaltungsorten und über 400 Künstlern startet das Sommerblut Kulturfestival auch in diesem Jahr mit einem facettenreichen und genreübergreifenden Programm. Vom 09. bis 26. Mai sind an 40 Orten in Köln wieder Veranstaltungen der verschiedensten Genres zu erleben.
CityNEWS: Herr Emmerich, das Sommerblut Kulturfestival steht wieder
vor der Tür. Wie auch im letzten Jahr trägt es den Untertitel “Festival der
Multipolarkultur”. Was bedeutet denn multipolar?
Rolf Emmerich: Der Begriff findet in verschiedenen
Kontexten unserer Gesellschaft Verwendung. In der Wissenschaft, der Politik,
der Psychologie – und nun eben auch in der Kultur. Mit der Auflösung der beiden
großen Blöcke Ost/West hat man von einer bipolaren Welt gesprochen. Nun spricht
man von einer multipolaren Entwicklung unserer Welt. Das ist spannend, kann
aber zugleich auch beängstigend sein. Und so sehen wir auch unser
Kulturfestival. Wir haben viele Pole. Die vielen verschiedenen Genres, die
vielen verschiedenen Gruppen. Menschen mit Behinderungen, Menschen mit
Migrationshintergrund, Profikünstler und Laiendarsteller – da gibt es so viele
Facetten. Und das bildet sich auch in unserem Programm ab.
CityNEWS: Im Programm sieht man, dass Sie immer wieder
schwierige, teilweise auch tabuisierte Themen aufgreifen. Organspende,
Prostitution, Genuzid – werden diese Themen einfach in den Mittelpunkt gerückt
oder arbeitet man auch lösungsorientiert?
Rolf Emmerich: Nun ja, wenn man ein Stück zum Thema
Organtransplantation macht, dann ist bestimmt auch der Wunsch da, dass die
Menschen sich damit auseinandersetzen, der Wunsch, ein anderes Bewusstsein zu
dieser Thematik zu schaffen. Ich fänd es großartig, wenn so ein Stück dazu
beitragen würde. Die Bühne ist hier so ein Experimentierfeld, auf dem man Dinge
sagen kann und machen darf, die eben im Alltag nicht so einfach sind. Das kann
und soll Provokationen auslösen. Der Zuschauer kann reflektieren, sich fragen,
was er zu einem bestimmten Thema weiß, wie er dazu steht und was er aus einer
solchen Performance letztlich mitnimmt und wie er es letztendlich für sich
nutzt. Wir versuchen einfach andere Zugänge zu bestimmten Themen zu schaffen –
und wenn daraus Organisationen oder Vereine, wie im letzten Jahr zum Beispiel
“dementia + art” entstehen, die nachhaltig weiterarbeiten, dann ist das natürlich
toll. Alles passiert allerdings unbedingt ohne erhobenen Zeigefinger.
CityNEWS: Wer besucht denn tatsächlich die
Veranstaltungen zu speziellen Themenbereichen? Gehen eher Blinde zu der
Ausstellung “Art Blind”oder erreicht man damit einen Querschnitt durch die
Gesellschaft?
Rolf Emmerich: Sowohl als auch. Solche Expertenarbeit
richtet sich natürlich auch ganz speziell an die bestimmten Gruppen.
Betroffene, Familien und Freunde der Betroffenen, die sich hier mit einer
bereits bekannten Thematik auf einer ganz anderen Ebene auseinandersetzen
können. Aber neben diesem Expertenpublikum kommt auch eine große neugierige
Menge von Menschen, die sich auch mal mit etwas bislang unbekannten
beschäftigen möchten – die es spannend finden, sich eben in diesem etwas
anderen Rahmen zu informieren und auf diese Art einen schönen und interessanten
Abend verbringen wollen.
CityNEWS: Sie selbst sind Diplom-Finanzwirt. Was treibt
Sie ausgerechnet in die Kulturszene?
Rolf Emmerich: Getrieben hat mich meine Vision vom “Mensch sein”. Ich wollte schon immer in einer Welt leben, in der alle Menschen
nebeneinander Platz haben. Der Mann neben
der Frau, der Homosexuelle neben dem Schwarzen, der Chinesin. Das ist
einfach mein Traum, den ich hier lebe. Und der Diplom-Finanzwirt hilft mir
natürlich immens bei der Umsetzung.
CityNEWS: Was sind in diesem Jahr Ihre persöhnlichen
Highlights?
Rolf
Emmerich: Vieles
zum diesjährigen Schwerpunkt “Flucht”. Zum Beispiel “Hate Radio” zum Genuzid in
Ruanda, die Ausstellung “Art Blind”, in der Werke von blinden Künstlern aus
neun Nationen zu sehen und zu fühlen sind, selbstverständlich auch die
Eröffnung im Orangerie-Theater und das Kulturfinale, das wieder in Odonien
stattfindet. Und natürlich die Eigenproduktionen wie “Staying Alive” oder “Pink
Ribbon meets …”
Weitere Informationen sowie alle Termine finden Sie auf
www.sommerblut.de