Teneriffa – Die Kanaren-Insel hat neben Schönheiten auch ein Geheimnis

Der Strand Las Teresitas in der Inselhauptstadt Santa Cruz de Tenerife. Auf jeden Fall sollte man sich auch Zeit nehmen für eine Rundfahrt über die Insel, die mit ihrer Vielfalt an Landschaften, Kultur und Geschichte wie ein kleiner Kontinent wirkt. / copyright: Turismo de Tenerife/ ddp
Der Strand Las Teresitas in der Inselhauptstadt Santa Cruz de Tenerife. Auf jeden Fall sollte man sich auch Zeit nehmen für eine Rundfahrt über die Insel, die mit ihrer Vielfalt an Landschaften, Kultur und Geschichte wie ein kleiner Kontinent wirkt.
copyright: Turismo de Tenerife/ ddp

Stufenpyramiden, Schilfboote – Ägypten oder Mexiko? Weit gefehlt, denn wir befinden uns in Güimar auf Teneriffa. Sechs pyramidenähnliche, langgestreckte Terrassen aus aufgeschichteten Steinen ragen inmitten des Parks auf.

Bis vor etwas mehr als 20 Jahren fanden sie kaum Beachtung, wurden von den Einheimischen, den “Tinerfenos”, als merkwürdige Steinhaufen betrachtet. Das änderte sich 1990, als der weltbekannte norwegische Forschungsreisende Thor Heyerdahl davon erfuhr, herkam, die Sache untersuchte und eine Theorie über ihre Ursprünge entwickelte.

Er meinte, die Stufenpyramiden zeugten davon, dass die Kanarischen Inseln eine Zwischenstation auf dem Wege vom alten Ägypten zu den Mayas Mittelamerikas waren. Daran hielt er auch fest, als Ausgrabungen nachwiesen, dass die Pyramiden erst im 19. Jahrhundert entstanden sein konnten, also wohl doch nichts anderes sind als von den Feldern entsorgte Steine. Allerdings bliebe dann immer noch offen, warum sie so kunstvoll geschichtet und an den Außenkanten bearbeitet wurden. Auch eine gewisse Ausrichtung zu den Sonnenwenden im Winter und Sommer soll bestehen.

Liebhaber mystischer Geheimnisse, aber auch solche, die mehr über die Ausbreitung der Zivilisationen wissen möchten, kommen auf ihre Kosten. Denn heute befindet sich an dieser Stelle ein sehr interessantes Informationszentrum. Im Auditorium berichtet ein Film über die Pyramiden Teneriffas und Thor Heyerdahls Theorie über die Migration zwischen den Kontinenten. In einem Ausstellungszelt sind die Modelle seiner diversen Schilfboote zu bewundern, darunter die in Originalgröße nachgebaute Ra II, die Heyerdahl mit einer internationalen Besatzung 1970 über den Atlantischen Ozean steuerte. Allerdings ist der Weg zum “kleinen Bruder” von Heyerdahls “Kon-Tiki-Museum” in Oslo nicht so einfach zu finden. Auf der Südautobahn muss man schon gehörig aufpassen, um die Ausfahrt nach Güimar nicht zu verfehlen.

Etwa drei Millionen Touristen finden zwar jährlich den Weg zum mitten auf der Insel aufragenden Teide, mit immerhin 3718 Metern höchster Berg Spaniens und seit 2007 UNESCO-Weltnaturerbe, aber nur ein Bruchteil davon scheint von Thor Heyerdahl und den Pyramiden von Güimar gehört zu haben. Während sich die Erwachsenen ihr eigenes Bild über Teneriffa und die Pyramiden machen können, wird den Kindern das auf abenteuerliche Weise nahe gebracht. Im Park und seinem Spielplatz lernen sie spielerisch alte Zivilisationen kennen.

Noch attraktiver für sie dürfte der “Loro Parque” (“Papageien-Park”) weiter im Norden sein. Die Anfang der 70er Jahre von einer Kölner Familie angelegte Einrichtung hat heute riesige Dimensionen erreicht, wartet mit vielen Superlativen auf: der weltweit größte Bestand an Papageien und Pinguinen, Europas größte Delfin-Show, ein Becken mit vier Orcas. Neben den über den Park verteilten Volieren mit hunderten Papageien sind Jaguare, Tiger, Gorillas und andere Tiere, im Unterwassertunnel Haie zu bewundern. Im gekühlten Innenraum des “Planet Pinguin”, bevölkern mehr als 200 Pinguine den “Lebensraum Antarktis”. Die Besucher, auf Teneriffa an subtropische Temperaturen gewöhnt, brauchen nicht zu frieren. Sie werden auf einem Laufband um den verglasten Innenbereich, in dem Schnee auf die Pinguine herabrieselt, geführt.

Auf jeden Fall sollte man sich auch Zeit nehmen für eine Rundfahrt über die Insel, die mit ihrer Vielfalt an Landschaften, Kultur und Geschichte wie ein kleiner Kontinent wirkt. Bei der Inselhauptstadt Santa Cruz de Tenerife lädt der Strand Las Teresitas zum Baden ein. Erstaunlich der weiße Sand, denn normal sind hier schwarze Sandstrände, bedingt durch das Lavagestein der Insel. Des Rätsels Lösung: Der Sand wurde aus der nahen Sahara “importiert”. Ein kurzer Besuch in der hektischen Großstadt Santa Cruz, bekannt auch durch ihren Karneval, dem weltweit zweitgrößten nach dem von Rio de Janeiro, und man entflieht in das benachbarte La Laguna.

Die ehrwürdige frühere Inselhauptstadt strahlt Ruhe aus, lädt zum Flanieren in ihren Alleen und Parks ein. Mit den zahlreichen prunkvollen historischen Gebäuden, der Universität, den Museen ist die Stadt das kulturelle Zentrum der Insel, wurde nicht umsonst 1999 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Auch die etwas weiter südlich gelegene Küstenstadt Puerto de la Cruz erweist sich als ein beliebtes Touristenziel. In den Gassen der Altstadt fallen die typischen kanarischen Holzbalkons ins Auge. Eine ganz besondere Attraktion ist die Strandpromenade mit dem alten Castillo, den Meerwasserschwimmbecken, der Fontäne und den vielen Restaurants und Cafés.

Landeinwärts zieht sich ein weites grünes Tal hin zur Stadt La Orotava. Den steilen Weg hinauf zum Mirador Humboldt sollte man keineswegs scheuen. Vom Aussichtspunkt eröffnet sich ein herrlicher Blick auf das wunderschöne Tal. Alexander von Humboldt, der 1799 hier vor seiner Südamerika-Reise Station machte, sprach davon, «nirgends ein so mannigfaches, so anziehendes, durch die Verteilung von Grün und Felsmassen so harmonisches Gemälde vor mir gehabt zu haben.» Das Orotava-Tal übertreffe selbst die Golfe von Genua und Neapel durch Ausmaße und Reichhaltigkeit der Vegetation, so der deutsche Naturforscher.

Weiter südlich geht es dann ins Teno-Gebirge. Im Weinort Icod de Los Vinos lohnt sich ein Abstecher zum wohl bekanntesten Drachenbaum der Insel, der von einem Garten mit einheimischen Pflanzen umgeben ist. Mit etwas Glück lassen sich hier auch die zutraulichen Kanareneidechsen füttern. Eine schmale, kurvenreiche Straße führt hinauf zum Bergdörfchen Masca. Nach der nervenaufreibenden Fahrleistung schmeckt der Kaffee an der beschaulichen Plaza neben der Kirche ganz besonders. Umso größer dann die Überraschung, wenn man an der Südspitze der Insel auf die Touristenhochburgen von Playa de las Americas und Los Cristianos stößt. Hotel reiht sich an Hotel. Vom Hafen legen die Fähren zu den Nachbarinseln La Gomera, La Palma und El Hierro ab.

Autor: Quelle: ddp-Korrespondent Hubert Thiel