Unternehmensgründung ist noch immer eine Männerdomäne

Für den Schritt zur Unternehmensgründung sind Frauen oft noch zu selbstkritisch. / copyright: Patrick Sinkel / dapd
Für den Schritt zur Unternehmensgründung sind Frauen oft noch zu selbstkritisch.
copyright: Patrick Sinkel / dapd

Vom 12. bis zum 18. November findet bundesweit die fünfte Gründerwoche statt. Mit Workshops und Wettbewerben will das Bundeswirtschaftsministerium Impulse für eine neue Gründungskultur setzen. Die Unternehmensgründung ist immer noch eine Domäne der Männer, nicht zuletzt, weil Frauen als Firmengründer oft zu selbstkritisch sind.

Am Rande von Köln, auf einem moderenen Loft- und Ateliergelände, arbeiten 15 Festangestellte für die Firma Netmoms, die Tanja zu Waldeck vor gut fünf Jahren gemeinsam mit einem Freund gegründet hat. Ihre Idee war es, eine Community für Mütter zu schaffen, in der diese sich austauschen, vernetzen und Kinderfotos hochladen können. Zuvor hatte die 34-jährige mehrere Jahre bei einer Unternehmensberatung gearbeitet, bis sie sich schließlich zur Selbstständigkeit entschloss. Die Investorensuche war rasch abgeschlossen, seit 2009 ist Netmoms profitabel. 

Rund 203.000 Unternehmen sind im Jahr 2011 nach Daten des Mannheimer Unternehmenspanels vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Deutschland gegründet worden, davon etwa 44.000 in NRW. Doch seien bundesweit nur 22 Prozent der Gründer Frauen, sagt Sandra Gottschalk vom ZEW. Würden Gründerteams aus Männern und Frauen dazugezählt, seien es 26 Prozent.
Der KfW-Gründungsmonitor beruht auf anderen Daten und kommt deshalb zu einem höheren Anteil: Die Erhebung der staatlichen Förderbank sieht einen Frauenanteil von 41 Prozent. Das bedeute gegenüber den Vorjahren eine leichte Steigerung. “Der typische Gründer ist männlich, etwa 39 Jahre alt, hat mehrere Jahre Berufserfahrung und ist Akademiker”, sagt ZEW-Expertin Gottschalk. “Frauen gründen häufig alleine, sie gründen kleiner und haben weniger Beschäftigte als Männer.”

Netzwerke sind für jeden Unternehmer wichtig

Die Schreibtische der beiden Gründer von Netmoms stehen sich im offenen Büro auf eier Empore gegenüber. Auf der Seite von Tanja zu Waldeck stehen mehrere Bilderrahmen, aus denen die Gesichter ihrer vier Kinder lächeln. Die Familie, das ist die andere Hälfte ihres Lebens. “Als die Kinder klein waren, habe ich sie mit ins Büro genommen”, erzählt sie. Die eigene Chefin zu sein bedeutet auch, schon mal am frühen Nachmittag die Älteste aus dem Kindergarten abholen zu können.
Wichtig für Unternehmer sind Kontakte und Netzwerke. Die möchte das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes NRW mit dem sogenannten Unternehmerinnenbrief aufbauen. Der Rundbrief zeichnet stabile Gründungen aus und vermittelt Patenschaften zwischen Unternehmerinnen. Mehr als 220 Frauen sind schon ausgezeichnet worden, von einer Orthopädieschuhmacherin über eine Gesundheitstrainerin und einer Bankkauffrau, die sich mit individualisiertem Hundefutter selbstständig gemacht hat.
Heike Helfenstein ist Gründungs-Profi. Zunächst arbeitete sie bei einem Start-up, ein paar Jahre später gründete sie selbst eins. Die erste Firma ist bereits verkauft. Mit ihrem Mann Markus und zwei weiteren Unternehmern gründete die 39-Jährige dann 2010 Heimathonig.de, einen Online-Marktplatz für Imkerhonig. Ein Jahr später starteten sie in Dortmund Heimathimmel.de mit verschiedenen regionalen Produkten.

Durchhaltevermögen und Eigenmotivation zählen

Gründer seien keine besonderen Charaktere, meint Helfenstein. Aber Eigenschaften wie Durchhaltevermögen und Eigenmotivation seien wichtig. Und: “Du musst zu 130 Prozent von einer Idee überzeugt sein”, sagt die Mutter von Zwillingen. Frauen seien dabei deutlich kritischer mit sich selbst. Ständiges Hinterfragen sei bei einer Gründung aber eher lästig.
Auch wenn Tanja zu Waldeck als Angestellte mehr verdienen könnte: Sie sieht ihre Zukunft in der Selbstständigkeit. “Ich entscheide lieber über 3.000 Euro als über 3 Millionen Euro, wenn ich weiß, dass es unser Geld ist und wir das verantworten.” Sie fände es schön, wenn mehr Frauen Unternehmen gründen würden: “Frauen sind gute Unternehmer. Sie sind in der Führung von Mitarbeitern und der Kommunikation wirklich gut.” Wichtig sei, über den eigenen Schatten zu springen und es zu versuchen. In ihrem Fall hat sich das auf jeden Fall gelohnt. In fünf Jahren vier Kinder geboren und ein erfolgreiches Unternehmen gegründet zu haben, kann nicht jede von sich behaupten.

Autor: Redaktion/ dapd