(dapd-nrw) Eigentlich hat für Noel Gallagher eine neue Zeit begonnen – die “Post-Oasis-Ära”. Doch bei seinem Debüt als Solokünstler in Deutschland schwelgen seine treuen Fans in Erinnerungen. Die 4.000 Zuschauer verlangen am Sonntagabend in Köln nach den Klassikern des legendären Britpop-Duos. Und so springt der Funken erst über, als der frühere Oasis-Gitarrist und Oasis-Songwriter “Wonderwall” anstimmt. Ausgerechnet das Lied, das dem 44-Jährigen und seinem inzwischen mit ihm zerstrittenen Bruder Liam den internationalen Durchbruch bescherte.
Noel Gallagher und seine vier neuen Begleiter spielen die ersten Songs im Schnelldurchlauf, als ob sie noch etwas anderes vorhätten. Passenderweise zählt “Everybody’s On The Run” (“Jeder ist auf der Flucht”) dazu. Bei “Dream On” wird es melancholisch. Zu “If I Had A Gun”, das im Radio aktuell rauf und runter läuft, taucht die kleine Bühne in ein dunkles Rot. Gallagher, wie gewohnt in Hemd, Jeans und dunklen Schuhen, streichelt zärtlich seine Konzertgitarre und wippt mit dem linken Fuß. Es ist das einzige Deutschlandkonzert des Musikers aus Manchester in diesem Jahr.
Ruhiger als früher
Das Album “Noel Gallagher’s High Flying Birds” steht erst sieben Wochen in den Plattenläden. Das macht sich bemerkbar, da das Publikum oft nur zögerlich mitsingt. Zudem handeln viele der zehn Titel über die Liebe, sind also ruhig angehaucht. Rockiger geht es bei “Aka What A Life” zur Sache. Gallagher greift zur E-Gitarre. Noel-Sprechchöre gehen durch die Menge.
Wer Oasis einmal live erlebt hat, dem fehlt der Exzentriker und Entertainer an Noels Seite. Der einstige Oasis-Frontmann Liam liebt die Posen. Noel ist dagegen zurückhaltend, fast schon steif. Die zwei auf einer Bühne? Das ist Geschichte. Nach schier endlosen Streitereien kam vor zwei Jahren der Bruch. Noel kehrte der Erfolgsband Oasis den Rücken, die neben den Charts auch regelmäßig die bunten Zeitungsspalten dominierte – mit Berichten über Pöbeleien und Drogenkonsum. Liam macht nun unter dem Namen Beady Eye mit den restlichen Bandmitgliedern weiter.
Während Beady Eye bereits die ersten Shows feierte, war dem älteren Bruder Noel vor seinen ersten Soloauftritten bange. “Wissen Sie, ich fühle mich in der Mitte einer Bühne nicht besonders wohl”, sagte er in einem Interview. Im Kölner Palladium kommt es aber so. Gallagher steht plötzlich allein im Rampenlicht. Er braucht nur zwei, drei Akkorde anzuspielen, dann flippen sie von der ersten bis zur letzten Reihe aus. Es ist “Wonderwall”. Gallagher interpretiert den Titel auf seine Art. In der vollgestopften Halle – die Karten waren nach kurzer Zeit ausverkauft – kommt Wehmut auf.
Fans im Oasis-Fieber
Als Noel mit seinem Soloalbum weitermacht, skandieren manche jene Titel, mit denen Oasis in den 90ern die größten Erfolge feierte. Nicht wenige tragen an diesem Abend T-Shirts mit dem Namenszug der Gallaghers. Auf anderen sind die Konterfeis des Duos abgedruckt.
Als Zugabe gibt es eine Oasis-Packung. “Little By Little” und “The Importance Of Being Idle” werden von den Fans Wort für Wort gehuldigt. Dann nach 90 Minuten das passende Finale: “Don’t Look Back in Anger” (“Schaue nicht im Zorn zurück”). Beim Refrain setzt Gallagher aus. Nur die Fans singen jetzt in der hell erleuchteten Halle.
Von Fabian Wahl
Autor: dapd-nrw