Das Studio “Splendid Synchron” liegt an einer kopfsteingepflasterten Straße im Kölner Stadtteil Braunsfeld. In dem Gebäude erhalten englischsprachige Stars aus Hollywood ihre “deutsche Stimme”. Schauspielgrößen wie Richard Gere, Cameron Diaz und Michael Douglas werden dort synchronisiert.
Die deutschen Stimmen bekommen sie dabei zumeist von bekannten Kollegen aus Deutschland. So ist Volker Brandt seit Jahren für das charakteristische Näseln von Michael Douglas verantwortlich. Früher spielte der heute 74-Jährige regelmäßig in den Fernsehserien “Schwarzwaldklinik” und “Traumschiff” mit und war von 1980 bis 1985 Kommissar beim Berliner “Tatort”. Im Kölner Synchronstudio, in dem an diesem Tag der Film “Solitary Man” mit Michael Douglas synchronisiert werden soll, ist aber nicht wie früher so oft die Ausdrucksstärke seiner Gestik gefragt, sondern allein die seiner Stimme.
Bevor sich Brandt allerdings im Aufnahmeraum hinter das Pult mit dem Mikrofon stellen kann, wo vis-à-vis eine große Leinwand gespannt ist, müssen andere bereits eine Menge Vorarbeit geleistet haben. “Der Film wird in der Originalversion angeliefert, mit einer separaten und fertigen Tonspur für Musik und Effekte”, erläutert Aufnahmeleiterin Corinna Oertel.
Während der deutsche Regisseur sich um die Übersetzung des Originaltextes kümmert und an den Dialogen feilt, zerlegen andere den Film in unzählige kleine Schnipsel. “Takes” werden diese genannt, sind zwischen acht und zehn Sekunden lang und beinhalten in der Regel ein, zwei kurze Sätze, die es dann nach und nach zu synchronisieren gilt, bevor sie am Ende wieder zu einem Film zusammengesetzt werden.
Deutschland gelte als Weltmeister im Synchronisieren, sagt Prisca Geissler, Geschäftsführerin des Bundesverbands Deutscher Synchronproduzenten. “Die Deutschen sind einfach unglaublich pingelig. Und es ist bei uns – anders als etwa in den skandinavischen Ländern – Tradition, dass kaum Originalfassungen oder Filme mit Untertitel gezeigt werden”, fügt Geissler hinzu. Die Professionalisierung ergebe sich dadurch von ganz alleine.
Für Volker Brandt wird es derweil ernst. Während Regisseur Bernd Nigbur und Tonmeister Florian Kimmerl ihn aus dem Regieraum beobachten, erscheinen vor ihm auf der Leinwand die ersten Szenen. Michael Douglas – den Brandt schon ein paar Mal privat getroffen hat – unterhält sich in einer Bar mit einem jungen Kerl. Es geht um eine Frau.
“Na los, geh zu ihr hin und sprich sie an”, legt Brandt ihm die deutschen Worte in den Mund, nachdem er sich das Original von Douglas angehört hat. Denn es geht nicht nur darum, die richtigen Worte zur richtigen Zeit zu finden, sondern auch Stimmung und Tonlage zu treffen. Immer wieder wird die Szene neu eingesprochen, bis endlich alle mit dem Ergebnis zufrieden sind. Ein “Take” ist geschafft, nun folgen noch unzählige weitere, bis zu 200 an einem Tag.
“Man braucht wirklich eine Menge Konzentration für den Job”, sagt Brandt, als er sich eine kurze Pause gönnt. “Als ich in den 70er Jahren damit angefangen habe, musste ich eine Menge lernen.” Dank der digitalen Technik, durch die die Bänder nicht mehr von Hand auf Spulen gezogen und geschnitten werden müssen, ist die Prozedur des Synchronisierens mittlerweile bedeutend einfacher geworden.
Trotzdem trauert Brandt manchmal den alten Zeiten hinterher. “Wenn ich heute einen Dialog spreche, dann stehe ich alleine im Studio. Damals ging das nicht. Da wurden Kuss-Szenen zu zweit gesprochen und es wurde sich noch richtig umarmt, wenn die Personen auf der Leinwand das auch machten”, sagt er. “Ja, wir haben damals wirklich eine Menge geflirtet”, verrät er mit einem Augenzwinkern und verschwindet für den Rest des Tages wieder im Halbdunkeln des Aufnahmestudios.
Autor: Quelle: ddp-Korrespondent Jan Filipzik