Deutschlands Superreiche meiden gerne das Licht der Öffentlichkeit. Eigentlich. Doch derzeit verklagen Milliardäre und Millionäre in einer wahren Prozessflut das Kölner Bankhaus Sal. Oppenheim und den Immobilienunternehmer Josef Esch. Sie wollen die Millionen zurück, die sie bei Geschäften mit dem Duo verloren haben. Denn bei Geld verstehen auch Superreiche keinen Spaß.
Der Fall Schickedanz
Am spektakulärsten ist dabei der Fall der Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz. Vor dem Landgericht Köln forderte sie am Dienstag von Sal. Oppenheim und dem Immobilienunternehmer Esch Schadenersatz für ihr bei der Pleite des Handelskonzerns Arcandor (Karstadt, Quelle, Thomas Cook) verlorenes Vermögen. Insgesamt beträgt der Streitwert 1,9 Milliarden Euro.
Die Ex-Milliardärin wirft der Bank und Esch vor, sie hätten sie bei ihrem Arcandor-Engagement falsch beraten. Sie habe ihr Geld eigentlich konservativ anlegen wollen, stattdessen sei sie in das verheerende Arcandor-Abenteuer gelockt worden.
In der “Süddeutschen Zeitung” hieß es im August, Schickedanz kämpfe nicht mehr verbissen um jede einzelne Million. Es gehe ihr darum, sich auf Dauer ein standesgemäßes Leben zu sichern. Doch blieben alle Bemühungen um eine gütliche Einigung bislang ohne Erfolg.
Der Fall Deichmann
Doch ist Schickedanz nicht die einzige, die sich von Sal. Oppenheim und Esch über den Tisch gezogen fühlt. Als Opfer des Duos fühlt sich auch die Essener Schuhdynastie Deichmann.
Die Deichmanns, die mit billigen Schuhen ein Milliardenvermögen aufgehäuft haben, hatten sich nach der Jahrtausendwende in großem Umfang bei den als Steuersparmodell für Superreiche konzipierten Oppenheim-Esch-Immobilienfonds eingekauft. Doch erfüllten mehrere der Projekte nicht die Renditeerwartungen.
Die Unternehmerfamilie wirft der Bank und Esch deshalb vor, die Risiken der Geldanlage verschwiegen zu haben, und fordert vor dem Bonner Landgericht mehr als 30 Millionen Euro zurück. Dabei passt der Einstieg in die umstrittenen Fonds eigentlich so gar nicht zum öffentlichen Bild der christlich geprägten Familie. Schlagzeilen macht sie sonst eher mit Millionenspenden für Hilfsprojekte in der Dritten Welt. Und Firmenchef Heinrich Deichmann wird nicht müde zu beteuern: “Nur möglichst viel Geld zu verdienen, das wäre mir zu wenig.”
Das Landgericht machte der Schuhdynastie jedoch im Oktober wenig Hoffnung, das Geld wiederzusehen. Bei der Unternehmerfamilie könne wohl ein größeres Wissen über die Risiken von Anlage-Entscheidungen vorausgesetzt werden als bei einem Mann auf der Straße, signalisierte die Vorsitzende Richterin.
Der Fall Finck
Eine Schadenersatzklage des Milliardärs Wilhelm von Finck in Höhe von mehr als 40 Millionen Euro hat das Bonner Landgericht bereits abgewiesen. Der öffentlichkeitsscheue Ex-Bankier hatte vor Gericht vergeblich auf das “blinde Vertrauen” seines Vaters in die Seriosität des Bankhauses Sal. Oppenheim verwiesen. Doch will er die Niederlage nicht hinnehmen. Inzwischen hat er Berufung beim Oberlandesgericht Köln eingelegt.
Der Fall Middelhoff
Doch nicht nur Milliardäre, auch Topmanager mit Millionengehältern griffen begeistert nach den Steuersparmodellen aus Köln – allen voran der frühere Bertelsmann- und Arcandor-Chef Thomas Middelhoff. “Das war wahrscheinlich der größte Fehler, der mir unterlaufen ist in meiner beruflichen Laufbahn”, sagte er noch im Sommer in einem dapd-Interview.
Zwar haben beide Seiten inzwischen das Kriegsbeil erst einmal begraben und wollen ihren Millionenstreit außergerichtlich beilegen. Doch bis dahin lieferte der Streit seltene Einblicke in das Leben eines deutschen Topmanagers: von der Traumvilla Middelhoffs in St. Tropez über seine 33-Meter-Luxus-Jacht “Medici” bis zu seiner Vorliebe für Privatjets als Transportmittel der Wahl.
In den nächsten Monaten kann die Öffentlichkeit wohl mit weiteren Einblicken in die Welt der Superreichen rechnen. Denn die Prozessflut gegen Sal. Oppenheim und Esch ist noch längst nicht abgearbeitet.
Von Erich Reimann
Autor: dapd