Warum heißt die Schildergasse so? – Die Geschichte einer Kölner Straße

Warum heißt die Schildergasse so? – Die Geschichte einer Kölner Straße
Warum heißt die Schildergasse so? – Die Geschichte einer Kölner Straße
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Die Schildergasse ist eine der bekanntesten und meistbesuchten Einkaufsstraßen in Deutschland und zieht täglich Tausende Besucher in die Kölner Innenstadt. Doch abseits ihrer modernen Rolle als Einkaufsparadies steckt in ihrem Namen ein Stück mittelalterliche Geschichte, die auf eine ganz andere Bedeutung und Nutzung dieser Straße hinweist. Warum heißt die Schildergasse eigentlich so? Um diese Frage zu beantworten, werfen wir einen Blick in die bewegte Vergangenheit dieser Straße und der Stadt Köln.

Die Ursprünge der Schildergasse im römischen Köln

Köln, einst unter dem Namen Colonia Claudia Ara Agrippinensium (CCAA) bekannt, wurde im Jahr 50 n. Chr. zur Stadt erhoben. Das römische Straßennetz prägt die Innenstadt bis heute, und die Schildergasse ist ein Teil dieses antiken Erbes. Sie verlief als eine wichtige Ost-West-Achse vom Heumarkt bis zum Neumarkt und verband zentrale Punkte der Stadt miteinander.
Während der römischen Zeit hatte die Straße jedoch noch keinen eigenen Namen, sondern diente vor allem als Handelsweg. Es war eine der Lebensadern der Stadt, wo Händler, Reisende und Bürger aufeinandertreffen konnten.

Namensgebung im Mittelalter: Die Zunft der Schildmacher

Im Mittelalter begann Köln sich stark zu verändern. Die Stadt wurde zum Zentrum des Handels und Handwerks, und das Zunftwesen entwickelte sich zu einem wichtigen Bestandteil des städtischen Lebens. In diesem Kontext wurde die Straße schließlich zur “Schildergasse”.

Der Name geht auf die Zunft der Schildmacher zurück, die sich im Mittelalter in dieser Straße ansiedelten. Schildmacher waren Handwerker, die vor allem Schutzschilde für Ritter und Soldaten herstellten. Diese Schilde hatten damals sowohl eine praktische als auch eine repräsentative Funktion: Sie dienten nicht nur zur Verteidigung im Kampf, sondern trugen auch Wappen und Symbole, die die Zugehörigkeit zu Adelsfamilien oder Ritterorden zeigten. Die Kunst des Schildmachens erforderte daher handwerkliches Geschick, Kreativität und Präzision.

Im Laufe der Jahrhunderte wandelte sich die Bedeutung der Schilder: Während sie anfangs vor allem aus Holz gefertigt wurden und mit Leder überzogen waren, wurden sie später mit Metall und aufwendigen Verzierungen ausgestattet. Die Schildergasse war somit nicht nur ein Ort des Handwerks, sondern auch ein Symbol für den Reichtum und die kulturelle Vielfalt Kölns im Mittelalter.

Die Rolle der Altkölner Maler

Neben den Schildmachern spielten auch die Altkölner Malerei eine wichtige Rolle in der Schildergasse und ihrer Umgebung. Im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit erlebte Köln eine Blütezeit der religiösen Kunst, und viele Maler ließen sich in der Nähe der Schildergasse nieder, um hier ihre Werkstätten zu betreiben. Die sogenannten “Altkölner Maler” waren bekannt für ihre aufwendigen Tafelbilder, die häufig sakrale Motive darstellten und in Kirchen oder Privathäusern reicher Bürger zu finden waren. Besonders auffällig war ihr detailverliebter Stil und die Verwendung von Goldgrund, die den Einfluss der internationalen Gotik widerspiegelten.

Da die Herstellung von Schilden oft Hand in Hand mit kunstvoller Bemalung und Verzierung ging, arbeiteten Maler und Schildmacher eng zusammen. Die Schildergasse wurde somit zu einem kulturellen Knotenpunkt, an dem Handwerk und Kunst verschmolzen. Auch wenn viele Werke der Altkölner Malerei heute in Museen oder Sammlungen zu finden sind, erinnert die Verbindung zur Schildergasse an die lange Tradition von Kunst und Handwerk, die diese Straße prägte.

Weiterentwicklung zur Handwerkerstraße

Die Schildmacher-Zunft war jedoch nicht die einzige Zunft, die sich in der Schildergasse niederließ. Auch andere Handwerker, darunter Maler und Graveure, die Schilde und Wappen verzierten, fanden hier ihre Heimat. Die Straße wurde so zu einem Zentrum für kunsthandwerkliche Arbeiten, die weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt waren.
Die Schildergasse war also nicht nur ein Ort der Produktion, sondern auch ein Schauplatz des Handels. Kunden, darunter Adelige, Ritter und wohlhabende Bürger, kamen gezielt in diese Straße, um hochwertige und individuell gestaltete Schilde zu erwerben.

Die Schildergasse in der Neuzeit

Mit dem Ende des Mittelalters und den Veränderungen in der Kriegsführung, bei der Schilde immer weniger Bedeutung erlangten, verschwand auch die Zunft der Schildmacher. Die Straße behielt jedoch ihren Namen und entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte zu einer bedeutenden Handelsstraße.

Ab dem 19. Jahrhundert wandelte sich die Schildergasse immer mehr zu einem Ort des Einzelhandels, was durch den wirtschaftlichen Aufschwung und die zunehmende Industrialisierung begünstigt wurde. Historische Gebäude wurden durch moderne Kaufhäuser ersetzt, und die Straße wurde zu einem Anziehungspunkt für die aufstrebende Kölner Bürgerschaft.

Heute ist von der mittelalterlichen Handwerkskunst nichts mehr zu sehen. Stattdessen säumen moderne Geschäfte und Filialen internationaler Marken die Straße. Dennoch trägt die Schildergasse ihren historischen Namen weiter und erinnert so an eine längst vergangene Epoche, in der Kunsthandwerk und Zünfte eine zentrale Rolle im Leben der Stadt spielten.

Schildergasse – Eine Straße mit einer lebendigen Geschichte

Die Schildergasse ist mehr als nur eine Einkaufsstraße – sie ist ein Stück lebendiger Kölner Geschichte. Ihr Name erzählt von einer Zeit, in der Schildmacher und andere Handwerker das Straßenbild prägten und Köln zu einer bedeutenden Handels- und Handwerksstadt machten. Auch die Altkölner Maler hinterließen hier ihre Spuren und machten die Schildergasse zu einem Ort, an dem Kunst und Handwerk aufeinandertreffen.

Die nächste Shopping-Tour durch die Schildergasse wird so zu einer Reise in die Vergangenheit, die zeigt, wie viel Geschichte in einem einzigen Straßennamen stecken kann.