CityNEWS im Interview mit Prof. Frank Überall aus Köln zu neuem “Verbote”-Buch

CityNEWS im Interview mit Sozialwissenschaftler Prof. Frank Überall aus Köln zu neuem "Verbote"-Buch copyright: Mareike Pede
CityNEWS im Interview mit Sozialwissenschaftler Prof. Frank Überall aus Köln zu neuem “Verbote”-Buch
copyright: Mareike Pede

Frank Überall kennt man als Journalist und Vorsitzenden des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV). Am Kölner Campus der HMKW Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft unterrichtet er neben Medien- und Sozialwissenschaften. Und auch hier bei CityNEWS ist er als Autor, Kolumnist und Experte tätig. In seinem neuen Buch nähert er sich informativ und unterhaltsam dem Thema “Verbote”. Das Projekt wird von Social Media Kanälen zum Mitmachen begleitet.

Entstanden ist das “Verbote”-Projekt vor vielen Jahren aus einer gemeinsamen Idee des Kölner Journalisten Wolfgang Jorzik und des heutigen Bundesvorsitzenden des Deutschen Journalisten-Verbands Prof. Dr. Frank Überall. Sie hatten zunächst als künstlerisches Projekt damit begonnen, Verbote zu fotografieren. Später folgten Accounts in den sozialen Netzwerken, die schnell ihre Fans fanden. In vielen Gesprächen entwickelte sich dann der Gedanke, aus verschiedenen Blickrichtungen auf “Verbote” zu schauen und darauf, was sie für die Gesellschaft bedeuten.

Amüsant und lehrreich auf 200 Seiten durch den deutschen Verbots-Wahn

Nach dem Krebstod von Wolfgang Jorzik im Jahr 2015 verfolgte der auch als Politologe, Medien- und Sozialwissenschaftler sowie an der HMKW Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft tätige Frank Überall diese Idee weiter. Herausgekommen ist nun ein umfassendes Werk mit vielen Bildern zu Vorschriften und Verboten – aber auch mit einem Text, der zugleich unterhaltsam wie informativ ist.

Überall hat für das Buch mit einigen Prominenten wie Kabarettist Jürgen Becker, dem ehemaligen Bundesinnenminister Gerhart Baum oder Mediziner und Comedian Dr. Eckart von Hirschhausen gesprochen, sich mit politischen Fragen beschäftigt und auch das ein oder andere Kuriose zusammengetragen. Der Gewinn, der mit dem 200-seitigen Buch gemacht wird, geht an die Familie von Wolfgang Jorzik, der seine Frau und zwei Kinder hinterließ.

Im Interview mit CityNEWS erklärt Frank Überall Details zu dem Buch und der Idee

Prof. Dr. Frank Überall im Interview mit CityNEWS copyright: Manfred Wegener
Prof. Dr. Frank Überall im Interview mit CityNEWS
copyright: Manfred Wegener

CityNEWS: Wie ist denn die Idee zu einem Buch über Verbote gekommen?

Frank Überall: Begonnen hat das vor vielen Jahren. Gemeinsam mit meinem Journalistenkollegen Wolfgang Jorzik habe ich damit angefangen, Verboteschilder zu fotografieren. Erst war das ein Kunstprojekt. Dann kam die Idee, daraus ein Buch zu machen und mit Vertretern verschiedener Fachrichtungen über Untersagungen zu philosophieren. Als Wolfgang vor drei Jahren an Krebs verstorben ist, habe ich ihm versprochen, das Buch noch zu machen. Der Gewinn, der damit gemacht wird, geht an seine Familie. Seine Kinder sind jetzt erst acht Jahre alt.

CityNEWS: Es ging aber neben dem finanziellen Aspekt auch darum, die Erinnerung an Wolfgang Jorzik wach zu halten?

Frank Überall: Ja, auf jeden Fall. Von Wolfgang sind etliche gute “Verbots-Bilder” in dem Buch abgedruckt. Ohne ihn hätte ich mich niemals so intensiv mit Verboten beschäftigt. Dabei sind sie überall: Sie umgeben uns ständig, und manchmal verwirren sie uns. Trotzdem wissen wir, dass wir Verbote brauchen. Das richtige Maß zwischen Freiheit auf der einen Seite und notwendigen Beschränkungen auf der anderen Seite zu finden, ist aber manchmal gar nicht so einfach. Darüber habe ich auch mit “Experten” gesprochen.

CityNEWS: Wie wird man denn zum “Verbots”-Experten?!

Frank Überall: Es ging darum, Menschen zu finden, die unterschiedliche Blickwinkel auf Verbote haben. Da wurde ich schon in meiner Heimatstadt Köln fündig: Der bekannte Psychologe Stephan Grünewald, der den Bestseller “Deutschland auf der Couch” geschrieben hat, zum Beispiel, der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum oder der Kabarettist Jürgen Becker. Aber auch der Comedy-Arzt Dr. Eckart von Hirschhausen, der Vize-Chef des “Bundes Deutscher Kriminalbeamter”, Sebastian Fiedler, oder der Stadtsuperintendent von Berlin-Mitte, Bertold Hoecker, waren gute Gesprächspartner.

Frank Überall: “In Köln gibt es unzählige Verbote”

CityNEWS: Ist Köln denn eine Stadt mit besonders vielen Verboten?

Frank Überall: Meine Erfahrung zeigt, dass es in Großstädten meist deutlich mehr Untersagungen gibt als im dörflichen Umfeld. Dauernd “stolpert” man über Verbotsschilder, und sei es nur, dass Parken nicht erlaubt ist. Aber in den Grünanlagen oder Fußgängerzonen der Stadt gibt es unzählige Hinweise, was man alles nicht darf. Bundesweites Aufsehen hat unter anderem der Rheinboulevard erregt, auf dem man ausdrücklich keine Wasserpfeifen rauchen darf. Das ist schon außergewöhnlich.

CityNEWS: Sie posten Verbotsbilder schon seit Jahren bei Facebook, Twitter und Instagram, jetzt ist noch ein Video-Autoren-Blog dazugekommen. Warum machen Sie das alles?

Frank Überall: Das Buch ist quasi nur die Spitze des Eisbergs von Untersagungen. Weil Verbote allgegenwärtig sind, lade ich jede und jeden ein, sich an dieser Sammlung zu beteiligen. Die besten Bilder – natürlich in einer verboten subjektiven Auswahl – werden auch in einer kleinen Video-Show von mir präsentiert. Es ist doch gut, wenn wir alle uns Gedanken darüber machen, welche Verbote wir haben und ob wir die wirklich alle brauchen.

Verbote sind immer das Ergebnis eines gesellschaftlichen Aushandlungsprozesses

Frank Überall berichtet auch in einem Blog über verschiedene Verbote. copyright: Frank Überall / YouTube
Frank Überall berichtet auch in einem Blog über verschiedene Verbote.
copyright: Frank Überall / YouTube

CityNEWS: Und – welche brauchen wir vielleicht nicht (mehr)?

Frank Überall: Bei manchen Schildern kann man sich schon fragen, ob sie tatsächlich notwendig sind. An Rolltreppen der KVB findet man beispielsweise oft ein Schild, dessen Aufdruck aussieht wie ein durchgestrichenes Floß. Man hat mir erklärt, dass das bedeutet, man dürfe dort keine schweren Lasten transportieren. Das wirft mehr Fragen auf als es gebietet: Ist ein besonders dicker Koffer schon eine solche schwere Last?!

CityNEWS: Sie sagen in Ihrem Buch, Verbote sind immer das Ergebnis eines gesellschaftlichen Aushandlungsprozesses. Ändert sich da hierzulande denn so oft etwas?

Frank Überall: Es wird immer wieder kontrovers darüber diskutiert, welche Verbote wir brauchen und welche nicht. Manche verschwinden dann tatsächlich: So war Homosexualität vor nicht allzu langer Zeit noch strafbar. Andere kommen neu hinzu, wie etwa das Verbot, Schmiergelder von der Steuer absetzen zu dürfen. Und manche werden ganz aktuell in Frage gestellt: So gibt es schon eine ganze Reihe von Parteien, die in ihren Bundestagsprogrammen die Freigabe von Cannabis fordern.

Weitere Infos zum Autor und Buch

Der Autor: Frank Überall (Jahrgang 1971) lebt in Köln. Als freier Journalist berichtet er für verschiedene Medien, unter anderem für WDR, ARD und auch hier bei CityNEWS. Seit 2015 ist er Bundesvorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV). Er hat über den Kölner Klüngel promoviert und lehrt an der HMKW Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft als Professor Medien- und Sozialwissenschaften. Der Autor mehrerer politischer Sachbücher ist Mitglied der Autorenvereinigung PEN Zentrum Deutschland. Im Internet findet man ihn unter www.politikinstitut.de.

"Es ist untersagt..." ist erschienen im Hamburger Verlag New Business.
“Es ist untersagt…” ist erschienen im Hamburger Verlag New Business.

Nähere Infos zum “Verbote”-Projekt mit Links zu Auftritten in sozialen Netzwerken sowie dem Video-Autoren-Blog gibt es auf der Webseite www.esistuntersagt.de. Das 196-seite Buch “Es ist untersagt – Wie Verbote uns verwirren und warum wir sie trotzdem brauchen” von Frank Überall ist erschienen im Hamburger Verlag New Business und ist überall im gut sortieren Buchhandel unter der ISBN 978-3-936182-63-7 zum Preis von 24,80 Euro erhältlich.