Von fliegenden Fanartikeln bis zu nervenden Nachbarn: So können Fußballfans ohne Platzverweis die EM genießen

Von fliegenden Fanartikeln bis zu nervenden Nachbarn: So können Fußballfans ohne Platzverweis die EM genießen copyright:  detailblick-foto / fotolia.com
Von fliegenden Fanartikeln bis zu nervenden Nachbarn: So können Fußballfans ohne Platzverweis die EM genießen
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Balkon schmücken, Auto dekorieren, Bier kalt stellen: Europas Fußballfans freuen sich auf den EM-Start am 10. Juni! Doch wenn Feierbiester auf Sportmuffel treffen, kann das schon einmal Ärger geben. ROLAND-Partneranwalt Kai Solmecke aus der Siegburger Kanzlei Solmecke Rechtsanwälte gibt Tipps, wie der Fußballspaß eine runde Sache bleibt.

Fußball gucken heißt Flagge zeigen – worauf muss ich bei der Deko achten?

Spätestens seit der WM 2006 gehört ein schwarz-rot-goldenes Fahnenmeer zu jedem internationalen Fußballevent dazu. Ob am Fenster, an der Hausfassade oder am Balkon: Ohne Deutschlanddeko geht fast gar nichts mehr. Doch wo sind hier die Grenzen? Kann mir mein italienischer Nachbar oder mein fußballuninteressierter Vermieter den Deutschlandschmuck verbieten?

Kai Solmecke weiß: „Fahnen dürfen aufgehängt werden, aber sie dürfen den Nachbarn nicht wesentlich beeinträchtigen. Das bedeutet, dass die Flagge zum Beispiel das Fenster des Nachbarn nicht bedecken darf, sei es auch nur beim Flattern im Wind.“ Wer vorhat, Halterungen für Fahnen anzubohren oder einen Fahnenmast im Garten aufzustellen, braucht dafür auf jeden Fall die Erlaubnis seines Vermieters. Außerdem rät der Anwalt dazu, die Deko in jedem Fall gut zu befestigen: „Wenn Gegenstände herunterfallen und damit jemanden verletzen oder ein geparktes Auto beschädigen, muss man für entstehende Schäden haften.“

Wenn die Fahnen fliegen lernen – wer kommt für Schäden durch Fanartikel auf?

Nicht nur zuhause, sondern auch unterwegs möchten viele Fußballfans ihre Leidenschaft demonstrieren. Deshalb wird auch der Pkw gerne mit Flaggen, Außenspiegelüberzügen oder Magneten dekoriert. Schön, solange alles an Ort und Stelle bleibt. Aber was passiert, wenn sich die Fanartikel auf der Autobahn plötzlich schneller verabschieden als Holland aus der EM-Qualifikation?

Rechtsanwalt Kai Solmecke weist darauf hin, dass in einem solchen Fall kein Versicherungsschutz besteht. Denn: „Autofahnen sind nicht zur Befestigung bei hohen Geschwindigkeiten geeignet. Wenn die Fahne dem Hintermann auf die Scheibe fliegt und dieser die Kontrolle über das Fahrzeug verliert, können gravierende Schäden entstehen. Im Worst-Case-Szenario kann hier über den Sachschaden hinaus viel passieren.“ Er rät daher dazu, die Autodeko vor Fahrten mit hoher Geschwindigkeit besser zu entfernen.

Die ins Fenster eingeklemmte Fahne hat übrigens noch einen weiteren Nachteil: „Da das Fenster nicht hundertprozentig schließt, schaffen Fensterfahnen Dieben beste Möglichkeiten, in das Auto zu gelangen. Wird also das Auto ausgeräumt oder gar gestohlen, wird die Versicherung die Zahlung verweigern“, weiß der Rechtsanwalt.

Privatpartys mit erhöhtem Pegel – gibt es eine Jubelgrenze?

„We Are the Champions“ über die Dolby-Surround-Anlage, dazu der „Gesang“ aus 10 bis 20 glücklichen Kehlen: Bei der EM kann selbst im heimischen Wohnzimmer schon mal Stadionatmosphäre aufkommen – ganz zum Leidwesen einiger Nachbarn.

„Geräusche oder Fangesänge beim Fußballgucken sind grundsätzlich so zu halten, dass sie außerhalb der eigenen Wohnung nicht als störend wahrgenommen werden können“, erklärt Kai Solmecke. Daher gilt hier: Wer empfindliche Nachbarn hat, sollte vorsichtshalber nicht zu laut jubeln. Das gilt insbesondere bei den spät terminierten Spielen. Denn auch wenn Deutschland eine Fußballnation ist, ändert dies grundsätzlich nichts daran, dass die Nachtruhe von 22 bis 6 Uhr einzuhalten ist.

„Hier gibt es für Fußballfans leider keine Sonderregeln während der Fußball-EM. Lauter Jubel beim ersehnten Tor ist daher nach 22 Uhr mit besonderer Vorsicht zu genießen“, so der ROLAND-Partneranwalt.

Berichterstattung im Büro – darf ich während der Arbeit das Spiel verfolgen?

Hart genug, während eines EM-Spiels arbeiten zu müssen! Da wird es doch wohl erlaubt sein, wenigstens einen Live-Ticker zu verfolgen – oder etwa nicht?

„Wird der Live-Ticker über die Internetverbindung des Arbeitgebers verfolgt, handelt es sich hierbei um eine private Nutzung des Internets während der Arbeitszeit. Sofern der Arbeitgeber diese nicht ausdrücklich während der EM erlaubt, kann das eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten darstellen“, weiß Kai Solmecke. Und selbst wenn man sich über das private Smartphone auf dem Laufenden hält, verhält es sich nicht viel anders. „Es kommt in diesen Fällen immer maßgeblich darauf an, ob durch die private Nutzung die Arbeitspflicht vernachlässigt wird. Wenn dies der Fall ist und der Chef ein Fußballmuffel ist, droht hier eine Abmahnung.“

Bei der Radionutzung sieht es schon wieder etwas anders aus, wie der Partneranwalt erklärt: „Hier sagen die Gerichte, bei bestimmten Tätigkeiten ist eine Radionutzung denkbar, solange niemand anders gestört wird und der Mitarbeiter noch genauso in der Lage ist, konzentriert, zügig und fehlerfrei zu arbeiten.“ Aber auch hier könnte der Chef dazwischengrätschen – und die rote Karte zeigen. Also lieber alle Spielregeln vorher festlegen!

Auf zum Autokorso – wie viel Feier ist im Fahrzeug erlaubt?

Aus deutschen Innenstädten sind Autokorsos nach wichtigen Siegen fast schon nicht mehr wegzudenken. Rechtlich gesehen ist jedoch eigentlich fast alles, was einen „echten“ Autokorso ausmacht, nach der Straßenverkehrsordnung verboten.

Kai Solmecke: „Beispielsweise ist es grundsätzlich Pflicht, sich anzuschnallen – und das gilt auch für einen Autokorso, der nur langsam fährt. Aus dem Fenster lehnen, auf der Motorhaube oder gar auf dem Dach mitfahren ist verboten. Auch ist es eigentlich nicht erlaubt, aus dem fahrenden Auto heraus Fahnen oder Banner zu schwenken.“ Wenn hier etwas schiefgeht, wird die Versicherung je nach Mitverschulden nur teilweise oder gar nicht zahlen.

Übrigens: Selbst das „grundlose Hupen“ ist eine Ordnungswidrigkeit. Ob diese geahndet wird, liegt jedoch im Ermessen der Polizei – und diese wird einen deutschen EM-Sieg hoffentlich als „guten Grund“ akzeptieren!

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