Risikofaktor für chronische Herzerkrankungen: “Herzrhythmusstörungen immer abklären lassen!”

Risikofaktor für chronische Herzerkrankungen: "Herzrhythmusstörungen immer abklären lassen!" copyright: pixabay.com
Risikofaktor für chronische Herzerkrankungen: “Herzrhythmusstörungen immer abklären lassen!”
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Zu schnell, zu langsam, zu unregelmäßig – Herzrhythmusstörungen können in vielen Formen auftreten. Und sie haben sehr unterschiedliche Ursachen, die von Stoffwechselstörungen über Bluthochdruck bis zu chronischen Herzerkrankungen reichen. Gemeinsam ist allen Arrhythmien, dass sie ohne Behandlung zu weiteren schweren Folgeerkrankungen führen können. So sind beispielsweise 15 Prozent der Schlaganfälle auf ein Vorhofflimmern zurückzuführen, die häufigste Form der Arrhythmie. Wie man eine Herzrhythmusstörung erkennt, wie sie behandelt wird und wo Betroffene individuelle Beratung und Unterstützung erhalten, dazu informierten die Experten am Lesertelefon. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zum Nachlesen!

Wie machen sich Herzrhythmusstörungen bemerkbar?

Prof. Dr. med. Marc Horlitz: Individuell kann das sehr variieren, aber häufig werden Herzrasen, unregelmäßiger Puls, Extraschläge, Leistungsverlust, Luftnot unter Belastung, Schwindel bis hin zur drohenden Bewusstlosigkeit und damit verbunden eine Einschränkung der Lebensqualität beklagt.

Welche Arten von Arrhythmien gibt es?

Univ.-Prof. Dr. med. Daniel Steven: Man unterscheidet zwischen langsamen und schnellen Herzrhythmusstörungen, medizinisch Bradykardie bzw. Tachykardie genannt. Am häufigsten tritt, gerade bei älteren Patienten, das so genannte Vorhofflimmern auf. Wichtig ist, Art und Ursache der Arrhythmie herauszufinden. Dazu sollte versucht werden, sie mittels EKG aufzuzeichnen, um gemeinsam mit dem behandelnden Arzt eine Lösung zu besprechen.

Sind Herzklopfen und gelegentliches Herzstolpern auch Rhythmusstörungen?

Prof. Dr. med. Marc Horlitz: Ja, aber in den meisten Fällen glücklicherweise nur sehr harmlose! Es sollte aber zur Sicherheit in jedem Fall eine kardiologische Abklärung erfolgen. Dazu sollte übrigens immer auch eine Blutkontrolle der Schilddrüsenhormone gehören!

Was sind Risikofaktoren, die zu einer Herzrhythmusstörung führen können?

Univ.-Prof. Dr. med. Daniel Steven: Bei bösartigen Herzrhythmusstörungen aus der Hauptkammer ist häufig ein vorangegangener Herzinfarkt oder eine Herzvergrößerung die Ursache. Bei anderen Arrhythmien, allen voran dem Vorhofflimmern, sind ein erhöhter Blutdruck, Übergewicht und Schlafapnoe wichtige Risikofaktoren, die mitbehandelt werden sollten. Weitere Einflussfaktoren sind – wie bei einer koronaren Herzerkrankung – Stress, ungünstige Blutfette, falsche Ernährung, Rauchen und Bewegungsmangel. Aber: Herzrhythmusstörungen können auch bei einem gesunden Lebenswandel auftreten.

Wann sollte ich einen Arzt aufsuchen – und welchen?

Dr. med. Karin Burk: Herzrhythmusstörungen können harmlos sein, aber auch sehr gefährlich. Der Übergang dazwischen ist zum Teil fließend. Deshalb sollten Sie im Zweifel immer einen Arzt aufsuchen – in aller Regel zunächst Ihren Hausarzt. Dieser wird, falls nötig, die Überweisung zum Kardiologen veranlassen.

Warum sind Herzrhythmusstörungen gefährlich?

Bei vielen Menschen springt die Herzfrequenz schlagartig auf sehr hohe oder sehr niedrige Werte um. Sie leiden unter so genannten Herz-Rhythmus-Störungen oder Arrhythmien. - copyright: highwaystarz / fotolia.com
Bei vielen Menschen springt die Herzfrequenz schlagartig auf sehr hohe oder sehr niedrige Werte um. Sie leiden unter so genannten Herz-Rhythmus-Störungen oder Arrhythmien.
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Dr. med. Karin Burk: Weil sie häufig auf dem Boden anderer Herzerkrankungen entstehen und zum Beispiel zu einer verminderten Herzleistung führen können. Langsame Herzrhythmusstörungen können Pausen der Herzaktivität hervorrufen, die zu Ohnmachtsanfällen oder Schlimmerem führen können. Eine sehr schnelle unregelmäßige Rhythmusstörung kann hingegen einen Schlaganfall zur Folge haben. Das sind nur zwei Beispiele von vielen, warum die Abklärung und die Behandlung dieser Unregelmäßigkeiten so wichtig sind.

Können Herzrhythmusstörungen erblich bedingt sein?

Univ.-Prof. Dr. med. Daniel Steven: Es gibt eine Reihe von erblich bedingen Rhythmusstörungen, die zum Glück aber selten auftreten. Bei jungen Menschen können Arrhythmien angeboren, aber nicht immer erblich bedingt sein. Man weiß, dass Familienmitglieder von Patienten, die beispielsweise unter Vorhofflimmern leiden, ein erhöhtes Risiko für dieselbe Störung haben können. Eine tatsächlich erbliche Ursache konnte hierfür aber noch nicht gefunden werden.

Wie kann ich Herzrhythmusstörungen vorbeugen? Wie wichtig sind Vorsorgetermine?

Dr. med. Karin Burk: Man kann nicht allen Herzrhythmusstörungen vorbeugen. Aber Sie können etwas gegen Risikofaktoren tun, die Grunderkrankungen des Herzens begünstigen. Damit sinkt die Wahrscheinlichkeit, Rhythmusstörungen zu bekommen. Risikofaktoren sind zum Beispiel Diabetes, Bluthochdruck, aber auch Übergewicht. Vorsorgetermine sind wichtig, um diese Faktoren rechtzeitig zu erkennen und behandeln zu können. Auch Genussgifte wie Alkohol, Nikotin und Koffein wirken sich ungünstig auf den Herzrhythmus aus. Ebenso können Schlafmangel und Stress die Schwelle für Herzrhythmusstörungen senken.

Werden Herzrhythmusstörungen immer medikamentös behandelt?

Prof. Dr. med. Marc Horlitz: Nein, wir sind mittlerweile in ausgewiesenen Rhythmuszentren in der Lage, viele Herzrhythmusstörungen mit der Katheterablation zu heilen und somit Medikamente lebenslang zu ersetzen. Bei dieser Methode wird ein Katheter schonend über ein Leistengefäß schmerzfrei in das Herz geführt, um dann die verantwortlichen “falschen Zündkerzen” für die Rhythmusstörung mit Strom zu veröden oder mit Kälte zu erfrieren.

Wie wird ein Vorhofflimmern behandelt?

Univ.-Prof. Dr. med. Daniel Steven: Kommt es einmalig zu einem Vorhofflimmern, das nicht von allein aufhört, dann können wir es mittels Medikamenten oder einem einmaligen kurzen Elektroschock während einer kurzen Narkose beseitigen. Bei wiederkehrendem oder länger anhaltendem Vorhofflimmern kommt eine Katheterablation zur Anwendung. Eine dauerhafte Beseitigung des Vorhofflimmerns gelingt in 60 bis 80 Prozent der Fälle. Das Wichtigste ist die Vermeidung eines Schlaganfalls durch eine gezielte und individuell angepasste Blutverdünnung.

Wann wird ein Herzschrittmacher notwendig?

Prof. Dr. med. Marc Horlitz: Wenn das Herz unabhängig von Medikamenten so langsam schlägt, dass es zu Schwindel, Kollaps oder Bewusstlosigkeit kommt.

Was ist ein implantierbarer Defibrillator?

Univ.-Prof. Dr. med. Daniel Steven: Kommt es nach einem Herzinfarkt oder aus anderen Gründen zu gefährlichen Rhythmusstörungen aus der Hauptkammer des Herzens, besteht das Risiko eines plötzlichen Herztods. Ein implantierbarer Defibrillator kann diese Rhythmusstörungen erkennen und mit einem Elektroschock beseitigen, falls dies notwendig ist. Damit beseitigen wir zwar nicht die Ursache des Herzrasens, aber wir können den Tod des Patienten verhindern, wenn es auftritt. Allerdings kann es zu unnötigen Schockabgaben kommen und bei technischen Problemen kann eine erneute Operationen notwendig sein. Derzeit wird kritisch diskutiert, ob alle infrage kommenden Patienten tatsächlich von dieser Methode profitieren.

Was kann ich nach einem Herzinfarkt tun, um mein Risiko für eine Herzrhythmusstörung zu senken?

Dr. med. Karin Burk: Nehmen Sie vor allem die verordneten Medikamente zuverlässig nach Plan ein und gehen Sie regelmäßig zu den Kontrolluntersuchungen. Zu den Kontrollen gehören neben Blutuntersuchungen auch die verschiedenen Formen des EKG und die Ultraschalluntersuchung des Herzens. Und machen Sie Sport – natürlich nach Rücksprache mit Ihrem behandelnden Arzt. Ich empfehle hier die Teilnahme an einer Herzsportgruppe.

Welchen Einfluss hat der Lebensstil auf den Herzrhythmus?

Dr. med. Karin Burk: Einen ganz entscheidenden! Negativ wirken sich zum Beispiel Alkohol, Nikotin und Koffein aus, aber auch Schlafmangel und Stress. Positiv hingegen eine gesunde Ernährung und Sport – wobei es hier nicht um Leistungssport geht, sondern um gezielte Bewegung und moderate Anstrengung. Da Arrhythmien häufig die Folge von anderen Herzerkrankungen sind, müssen diese ebenso behandelt werden wie die Risikofaktoren, zum Beispiel Diabetes, Bluthochdruck und Übergewicht.

Können Herzrhythmusstörungen durch die Wechseljahre bedingt sein?

Univ.-Prof. Dr. med. Daniel Steven: In den Wechseljahren kommt es zu hormonellen Umstellungen, die sich auf das Auftreten von Herzrhythmusstörungen auswirken können. Häufig sind das Episoden von Vorhofflimmern, die entweder intensiver wahrgenommen werden oder länger andauern als es zuvor der Fall war. Eine spezielle Therapie diesbezüglich ist nicht immer erfolgversprechend. Meist muss – wie außerhalb der Wechseljahre auch – die Ursache für das Herzrasen behoben werden.

Mein Arzt hat mir geraten, an einem Online-Coaching für Herzgesundheit teilzunehmen. Wie funktioniert das? Wo finde ich dazu Informationen?

Thomas Kosch: Einige Krankenkassen und private Krankenversicherer bieten spezielle Programme für Herzpatienten an – oft in Kooperation mit Unternehmen, die auf Online-Coaching-Programme spezialisiert sind. So nutzt AXA im Rahmen der Patientenbegleitung beispielsweise den Online-Coach Patientenfuchs. Nach kostenfreier Anmeldung können sich die Teilnehmer auf ihre Erkrankung zugeschnittene Informationsvideos ansehen, deren Inhalte anhand von Checklisten vertieft und gefestigt werden. Ein weiteres Beispiel für einen Coaching-Ansatz ist das Portal “meine Gesundheitsakademie”, das von der Apothekenumschau unterstützt wird. Es bietet unter anderem ein Coaching zum Thema Herzinfarkt. Informationen zu Online-Coachings für Herzgesundheit finden Sie übrigens auf den Internetseiten der entsprechenden Krankenkassen und Krankenversicherungen.

Ich hatte wiederholt Anfälle von Angina pectoris. Kommt für mich eine Reha infrage?

Dr. med. Karin Burk: Zunächst ist es wichtig, die Ursache der Angina pectoris Anfälle abklären zu lassen und sie nach Möglichkeit zu beseitigen. Nicht nur Durchblutungsstörungen am Herzen können zu einem Engegefühl in der Brust führen, sondern zum Beispiel auch Bluthochdruckkrisen. Je nachdem wie schwer das Herz geschädigt ist und welche Behandlung durchgeführt wurde, kann eine Rehabilitation sinnvoll sein.

Meine Krankenversicherung bietet eine Patientenbegleitung für chronisch Herzkranke an. Mit welcher Unterstützung kann ich dabei rechnen? Entstehen dabei für mich zusätzliche Kosten?

Thomas Kosch: Diese Programme sollen die leitliniengerechte Behandlung und optimale Versorgung bei einer chronischen Herzerkrankung unterstützen. Gesetzliche Krankenkassen bieten sogenannte Disease-Management-Programme an, die sich nur geringfügig unterscheiden. Die meisten privaten Krankenversicherungen gestalten ihre Programme durchaus unterschiedlich, je nach Diagnose. Dazu stellen die Anbieter verschiedene Elemente zusammen, die zum Teil miteinander kombiniert werden können. So umfasst beispielsweise eine Patientenbegleitung Herz bei AXA die telefonische Begleitung durch medizinisch geschulte Assisteure, den kostenfreien Zugang zum Herz-Kreislauf-Online-Coaching und zu einem Netzwerk aus führenden Kardiologen. Hinzu kommen ein persönlicher Ansprechpartner sowie die regelmäßige Bereitstellung von aktuellen Informationen zur Erkrankung. Solche Patientenbegleitprogramme sind für die Versicherten übrigens grundsätzlich kostenlos.

Wo bekomme ich unabhängige Informationen zu meiner Herzerkrankung?

Prof. Dr. med. Marc Horlitz: Die erste Adresse ist die Deutsche Herzstiftung. Dort haben Interessierte Zugang zu exzellenten Berichten über die neuesten Entwicklungen in der Kardiologie und zu einer Datenbank mit erfahrenen Rhythmologen ganz in ihrer Nähe.

Die Experten am Lesertelefon waren

Wie man eine Herzrhythmusstörung erkennt, wie sie behandelt wird und wo Betroffene individuelle Beratung und Unterstützung erhalten, dazu informierten die Experten am Lesertelefon. - copyright: yodiyim / fotolia
Wie man eine Herzrhythmusstörung erkennt, wie sie behandelt wird und wo Betroffene individuelle Beratung und Unterstützung erhalten, dazu informierten die Experten am Lesertelefon.
copyright: yodiyim / fotolia

• Prof. Dr. med. Marc Horlitz, Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung, Chefarzt der Klinik für Kardiologie, Elektrophysiologie und Rhythmologie am Krankenhaus Porz am Rhein
• Univ.-Prof. Dr. med. Daniel Steven, Leiter der Abteilung für Elektrophysiologie, Herzzentrum der Universität zu Köln
• Dr. med. Karin Burk, Fachärztin für Allgemeinmedizin und Palliativmedizin, Beratende Spezialistin im Gesundheitsmanagement der AXA
• Thomas Kosch; Experte für Leistungsfragen PKV, Strategisches Leistungsmanagement AXA

Herzgesundheit angeklickt

Herzgesundheit angeklickt - copyright: pixabay.com
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Deutsche Herzstiftung

Die Deutsche Herzstiftung klärt als unabhängige Institution seit 1979 Patienten und Interessierte über alle Aspekte von Herzerkrankungen auf. Hier erfahren Betroffene, welche Therapien heute empfohlen werden, und sie lernen, ihre Krankheit besser zu verstehen. Einen Namen hat sich die Herzstiftung sowohl durch ihre umfangreichen und fachlich hervorragenden Informationen gemacht wie durch zahlreiche Aufklärungskampagnen und die Förderung wichtiger Forschungsprojekte. Ein hochkarätig besetzter Wissenschaftlicher Beirat ist Garant für die hohe medizinische Qualität der Angebote, zum Beispiel der kostenfreie Experten-Ratgeber “Aus dem Takt: Herzrhythmusstörungen heute”. Leicht verständlich informieren renommierte Kardiologen und Herzchirurgen über aktuelle Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten.

Infos zum Bezug des Ratgebers, einen Herzinfarkt-Risikotest sowie weitere Angebote gibt es online unter www.herzstiftung.de

Europäische Stiftung für Gesundheit

Die gemeinnützige Organisation hat sich zum Ziel gesetzt, Menschen mit chronischen Erkrankungen praktische Hilfestellung anzubieten, damit sie ihre Erkrankung in den Griff bekommen. Mit dem Online-Portal Patientenfuchs hat sie ein Angebot für Herzpatienten ins Leben gerufen. Menschen mit Angina pectoris, einem überstanden Herzinfarkt oder einer Bypass-Operation lernen anhand von Filmbeiträgen, Hintergrundinfos, Wissenstests und Praxistipps, wie sie ihre Erkrankung im Alltag besser bewältigen können. Stets aktualisiert, deckt das Portal eine große Bandbreite von Themen ab – von Ernährung über Sport bis zu Behandlungsmöglichkeiten und Motivationstechniken. Das Programm ist für Computer, Tablet und Smartphone gleichermaßen geeignet.

Mehr unter www.patientenfuchs.de