Rechtsanwalt Christian Kerner beantwortet interessante Fragen zum Thema: "Karneval"

Wieviel Ausnahmezustand ist an Karneval eigentlich erlaubt? / copyright: Hans-Georg Pflümer / pixelio.de
Wieviel Ausnahmezustand ist an Karneval eigentlich erlaubt?
copyright: Hans-Georg Pflümer / pixelio.de

Alljährlich Mitte oder Ende Februar nähert sich im Rheinland die sogenannte fünfte Jahreszeit, der Karneval. In den Hochburgen wie Köln, Mainz oder Düsseldorf herrscht dann an den jecken Tagen der Ausnahmezustand. Dabei stellt sich immer mehr die Frage, wieviel Ausnahmezustand ist eigentlich erlaubt?

Muss ich das Abschneiden der Krawatte, wie dies in vielen Regionen Weiberfastnacht üblich ist, dulden? Darf ich als Arbeitnehmer frei machen, weil landläufig die Auffassung herrscht, an Weiberfastnacht, Rosenmontag oder auch Faschingsdienstag muss nicht gearbeitet werden?

Arbeitsplatz

Zwar ist für viele Karnevalisten die Karnevalszeit harte Arbeit, vor allem in den Abendstunden. Dies entbindet die Arbeitnehmer jedoch grundsätzlich nicht von ihrer Pflicht zur Arbeitsleistung. Ob der Anspruch auf Arbeitsbefreiung an den Karnevalstagen besteht, richtet sich nach der sogenannten betrieblichen Übung, dass heißt der Arbeitgeber muss über Jahre hinweg den Arbeitnehmern zum Beispiel an Rosenmontag oder Weiberfastnacht freigegeben haben. Besteht eine solche betriebliche Übung nicht, muss der Arbeitnehmer entweder Urlaub nehmen oder zur Arbeit erscheinen.

Wer nun nicht frei bekommt und sich dennoch nicht die Karnevalsstimmung verderben lassen will und am Arbeitsplatz mit Kostüm erscheint oder auch den Karneval mit Alkohol zuprosten möchte, muss darauf achten, dass ebenfalls nicht gegen Arbeitspflichten verstoßen wird. Ist Alkohol grundsätzlich im Betrieb untersagt, darf auch an Karnevalstagen kein Alkohol getrunken werden; ansonsten dürfte ein Gläschen Sekt nicht schädlich sein.

Das Erscheinen mit dem Karnevalskostüm zum Arbeitsplatz sollte sicherlich für Führungskräfte sehr zurückhaltend betrieben werden, in anderen Fällen hängt es von der Branche ab, ob dies als angemessen erscheint. Grundsätzlich kann der Arbeitgeber zumindest von Mitarbeitern mit Kundenkontakt erwarten, dass diese sich jederzeit branchenüblich kleiden.

Schadensersatz

Ob und in wie weit das sogenannte Krawattenabschneiden zulässig ist, hängt von der Region ab. Dies wird im Rheinland natürlich anders gehandhabt, als dies eventuell in München der Fall ist. Grundsätzlich ist es jedoch so, dass das Anschneiden der Krawatte eine Sachbeschädigung darstellt und das Amtsgericht Essen daraufhin eine Jeckin zum Schadensersatz verurteilt hat. Auf der rechtlich sicheren Seite steht, wer vorher fragt, ob dies erlaubt sei.

Gegen ein „Bützchen“ wird jedoch sowohl rechtlich als auch grundsätzlich nichts einzuwenden sein.

Etwas anders gilt jedoch, wer von einem Karnevalskostüm, sei es durch einen Degen eines Piraten oder das Gewehr eines Gardisten verletzt wird. Hier gilt selbstverständlich, dass die Verletzung ein Schadensersatzanspruch nach sich zieht. Etwas anderes gilt allerdings für Besucher von Karnevalsumzügen, die zum Beispiel schmerzhaft von Kamellen oder sonstigen Wurfmaterialien getroffen werden. Hier muss davon ausgegangen werden, dass ein Schmerzensgeld nicht zugestanden wird, da derjenige, der an einer solchen Veranstaltung teilnimmt zumindest stillschweigend in nahe liegende Verletzungen einwilligt.

Lärmbelästigung

Die Karnevalssitzungen, die Karnevalsumzüge aber auch der Kneipenkarneval führen zu einer Erhöhung des Lärms in den Städten und Kommunen. Viele Anwohner sind darüber genervt, müssen jedoch im Karneval einfach mehr Lärm dulden. Generell lässt sich sagen, dass man gegen Lärm an Karneval nichts tun kann, da dies ein Brauchtum ist und daher die erhöhte Lärmbelästigung von den Gerichten als Begleiterscheinung des Karnevals, auch in den Wohngebieten, hingenommen werden muss.

Straßenverkehr

Selbstverständlich dürfen auch Karnevalisten im Karneval nicht alkoholisiert Auto fahren, jedoch ist es grundsätzlich zulässig mit einem Kostüm sich ans Steuer zu setzen. Der Fahrer hat in jedem Fall dafür Sorge zu tragen, dass die Sicht nicht behindert ist, oder auch die Bewegungsfreiheit eingeschränkt wird. Kommt es zu einem Unfall, so besteht die Gefahr, dass dem kostümierten Fahrer eine Teilschuld zugewiesen wird, wenn seine Sicht behindert war oder seine Bewegungsfreiheit oder auch das Gehör durch das Kostüm beeinträchtigt war.

Lääve un lääve losse … (Leben und leben lassen …)

Im Ergebnis lässt sich sagen, dass Karneval kein Freibrief für jedwedes ausuferndes Verhalten darstellt, sondern dass auch hier darauf zu achten ist, andere nicht zu verletzen oder zu gefährden.

Besonders aber in den rheinischen Hochburgen sollten aber auch die Nichtkarnevalisten die notwendige Toleranz zeigen, damit die Freude am rheinischen Brauchtum weiterhin erhalten bleibt.

In diesem Sinne: Kommen Sie gut, sicher und unbeschadet (in jeglicher Hinsicht) durch die jecken Tage …

Autor: RA Christian Kerner