Bayerischer Stil für Madl und Buam: Trachten erobern die Modewelt

Trachten liegen im Trend und werden immer beliebter. Lederhose und Dirndl werden auch außerhalb von Bayern und dem Oktoberfest vermehrt getragen und gehören heute zu den Must-haves im Kleiderschrank. Doch woher kommt der Trend zur Tracht? Wie alltagstauglich sind die traditionellen Modevorgaben und wie viel Bein und Dekolleté sind erlaubt?

Tunnelzüge, Flügelärmel, Zirkusjacken als Blazerersatz und Schnabelschuhe a la Peter Pan und nicht zuletzt Neonfarben, Pailletten sowie die neuen Makeup-Farben von Grau bis Metallic… Ein Blick auf die Modetrends für 2017 macht klar: Die Designer rüsten sich für die Zukunft. Doch wo der Alltag immer hektischer wird, Arbeit und Freizeit zunehmend verwischen und allgemeine Anforderungen nur noch wenig Raum für ein individuelles Pensum lassen, hat immer auch die Sehnsucht nach Altbewährten Konjunktur.

Trend erzeugt Gegentrend. Und so sah man auf den Laufstegen der großen Modemetropolen hartnäckig traditionelle Details aufblitzen. Mit Puffärmeln, XXL-Volants, Rüschen, üppigen Schnitten in fließenden Stoffen und Blousons konnten die teilweise abgehobenen Zukunftsvisionen der internationalen Designer geerdet werden.

Lederhose und Dirndl zählen heute zu den It-Pieces der Modewelt

Ganz unabhängig vom launischen Modediktat mausert sich zum Beispiel die Trachten-Mode zum stylischen Evergreen im Kleiderschrank. Tatsächlich sind moderne Trachten alles andere als altbacken und ländlich und hat sich längst von der Wiesn-Traditon emanzipiert, wo sie zum Festgeschehen gehört wie die Weißwurst, Brezeln oder der Humpen Bier. Schon weit bevor das Oktoberfest in seiner Beliebtheit die deutschen Landesgrenzen sprengte und zum internationalen Exportschlager wurde, stand die Tracht für Weltoffenheit und Modebewusstsein. Traditionell war sie Markenzeichen der städtischen Oberschicht. Erst viel später verbreitete sie sich in die ländlichen Regionen, geriet dort kurzweilig in Vergessenheit, feierte aber mit dem bayerischen Volksfest eine modische Renaissance und gehört heute zum It-Piece der Modewelt.

Denn Dirndl und Lederhosen sind entgegen der festgesetzten Meinung äußerst vielseitig und stellen ihre Tauglichkeit auch im Alltag unter Beweis. Dabei müssen es längst nicht nur die Klassiker sein, auch wenn beim Schlagwort Tracht direkt an das Dirndl gedacht wird.

Von traditionell bis extravagant, von knallig bunt über glamourösen Glitzer bis zu dezenten Farbspielen. Die Auswahl an Trachten-Mode ist gigantisch, lehnt sich aber Jahr für Jahr an den gängigen Modetrends an. Wer demnach im Trend liegen will, der greift nach Modellen mit floralen Prints, aber auch knallige Farben wie Lila und Pink peppen das Dirndl für die kommende Festsaison auf. Wer es stiller und klassischer mag setzt auf Sandtöne. Nude, helle Pfirsisch-Nuancen, weiße Spitze bestechen durch ihre Eleganz. Weiterhin im Trend sind Oliv, Marine, Dunkelrot, Taupe und Platingrau. Immer stärker vertreten sind Bordeaux sowie das klassische Braun.

Spitze, Seide, Jägerleinen und Rüschen: Das Dirndl zeigt sich Wandelbar

Trotz aller modernen Tendenzen bleibt die Tracht eine Mode der Traditionen. Aufwendige Glamourmodelle sind entsprechend out. Lurex, Glitzer, Pailletten oder gar Lack sowie Glattlederelemente bleiben der fünften Jahreszeit in Köln vorbehalten; im Alltag sowie auf Festlichkeiten sollten grelle Hingucker höchstens als Akzent gesetzt werden.

Für Abwechslung sorgen hingegen die Materialien; von matten Stoffen aus Jägerleinen und schwerer Baumwolle bis zu Seide als Jacquard und außergewöhnliche Webungen sowie Spitzeinsätze, Stickereien und Rüschen sind der persönlichen Vorliebe keine Grenzen gesetzt. Gerade bei der jüngeren Kollektion darf Trachten-Mode verspielt sein. Romantische Details wie der momentan sehr angesagte Schneewittchenkragen sind tolle Highlights und lenken den Blick auf den Hals sowie das Dekolleté der Trägerin.

Egal wie toll die Beine sein mögen: Minis bleiben Trachten-No-Go

Doch auch wenn Trachten-Mode meist auf ein einladendes Dekolleté setzt, kommt es nicht nur auf den Ausschnitt an. Am wichtigsten ist die Länge des Rocks. Mini-Dirndl passen nicht zur Tracht und bleiben ein absolutes No-Go. Egal wie jung die Trägerin ist und wie toll ihr Beine sein mögen, ein paar Zentimeter mehr Stoff sind in punkto Trachten-Mode vorteilhafter. Ein Dirndl sollte immer knieumspielend enden. Eine Rocklänge von circa 65 Zentimetern passt sich der schönen Sanduhr-Silhouette perfekt an und ist schmeichelhafter als ein Modell bis zur Wade. Letzteres steht nur sehr schmalen und großen Frauen mit langen Beinen, da die Wadenlänge das Bein optisch kürzer aussehen lässt.

Ja zur Tracht, aber Nein zum Dirndl: Moderne Alternativen sind echte Hingucker

Röcke mit raffinierten, alpin veredelten Blusen oder auch Lederleggings mit Jankern aus Cashmere oder Walkstoffen sind eine moderner Twist. Sommerkleider im Trachtenlook sorgen für Abwechslung, Petticoats für den luftigen Schwung. Selten gab es so viele attraktive Alternativen zum Dirndl wie zur kommenden Saison. Bei all der Freiheit der Modewelt: Eine Frau gehört aus traditioneller Sicht in ein feminines Outfit. Daher Finger weg von der Lederhose. Diese bleibt dem Mann vorbehalten und sind DAS Must-have auf der Wiesn. Doch auch bei der Trachtenmode für Herren vereint sich in punkto Tradition mit Modernen vieles.

Socken, Hosenträger und Westen: Trachten-Mode für den Mann vereint Modernes mit Tradition

Längst nicht mehr ist der Mann auf das Tragen der Lederhose beschränkt. Für den modernen Look sorgen T-Shirts mit traditionellem Schriftzug und an die Tracht angelehnten Logos. Angesagt sind aktuell Hirschprints auf der Shirtfront. Abwechslung bieten zudem die vielseitig zu tragenden Trachten-Hemden, die jede Jeans aufwerten. Apropos Jeans: Wer partout kein Leder tragen möchte, dem bieten Textilhosen sowie zahlreiche Jeansmodelle genügend Ausweichmöglichkeiten. Moderne Varianten ergeben sich zudem durch die Accessoires, die für die Herren ebenso breit gefächert wie für die Frauen sind. Den Schmuck der Frau ersetzen beim Mann die Hosenträger, dazu ergänzend lässt sich das Outfit durch Jacken und Westen aufpeppen. Nicht zu vergessen die enorme Bandbreite von Trachten-Socken, mit denen modernes Modebewusstsein mit traditionellem Stilgefühl demonstriert werden kann. Und das längst nicht mehr nur zum Oktoberfest.